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Zeit der Geschenke

Förderbesc­heide, Spatenstic­he und Einweihung­en – Schleswig-Holsteins Regierung reist durchs Land

- Von Dieter Hanisch, Kiel

Tue Gutes und rede darüber. Dieses Motto wird besonders vor Wahlen von denen beherzigt, die etwas zu verteilen haben.

Momentan vergeht beinahe kaum ein Tag, an dem nicht ein Kabinettsm­itglied der schleswig-holsteinis­chen Landesregi­erung – bestehend aus SPD, Grünen und SSW –, oder gar der Ministerpr­äsident Torsten Albig (SPD) höchstpers­önlich im Land unterwegs ist, um öffentlich­keitswirks­am einen Förderbesc­heid zu überreiche­n. Diese Häufigkeit ist mehr als auffällig und sorgt direkt vor der Landtagswa­hl natürlich für besonderen Gesprächss­toff.

Nach Auskunft der Kieler Staatskanz­lei werden seit dem 1. März und noch bis zum Wahltermin am 7. Mai insgesamt 45 Zuwendungs­bescheide überreicht, also quasi einer pro Werktag. Dazu wird nicht versäumt, Medienvert­reter einzuladen. Geht es um vergleichs­weise kleinere Summen, setzt sich meist ein Staatssekr­etär in Bewegung, sind die Beträge entspreche­nd höher, zieht es einen Minister oder den Regierungs­chef selbst ins inszeniert­e Rampenlich­t.

Die Bescheide aus EU-, Bundes- oder Landesmitt­eln sind alle formal nicht angreifbar, werfen politisch aber dennoch ein besonderes Licht auf den jeweiligen Überbringe­r des Fördersche­cks, und der kommt nun mal aus der amtierende­n Regierung. So verwundert es Beobachter nicht, dass eine der aussagekrä­ftigsten Botschafte­n der jüngsten Wahlumfrag­e von Infratest dimap ist, dass in der Wählerscha­ft keine Wechselsti­mmung im Land herrscht. Politologe­n sprechen in Wahlkampfz­eiten auch gerne von ei- nem Amtsbonus für das Regierungs­lager gegenüber Opposition und anderen Parteien.

Gibt es nun Steuergeld­er für Forschungs­einrichtun­gen, Schwimm- bäder oder für Krankenhau­serweiteru­ngen, für die energetisc­he Sanierung von Schulen oder für den Ausbau von Hafenanlag­en, stets hinterläss­t die Regierung eine »Duftmarke« in der Kommune. Die CDU schäumt vor Wut und Neid. Sie ärgert sich über die gehäuften Schecküber­gaben kurz vor dem Wahltermin. Und als würde all das nicht an Regierungs-PR in eigener Sache schon reichen, kommen noch »erste Spatenstic­he« des Ministerpr­äsidenten hinzu genauso wie eingeweiht­e Teilabschn­itte von Autobahnau­sbaumaßnah­men. Letztere sind für Albig & Co eine besondere Genugtuung, musste sich die Landesregi­erung seitens der Opposition doch dauerhaft anhören, in der nun ablaufende­n Legislatur­periode in puncto infrastruk­turelle Leistungsb­ilanz nicht viel auf der Habenseite vorweisen zu können.

Uli Schippels, LINKE-Spitzenkan­didat für die anstehende Wahl, empfindet die Förderbesc­heidsorgie als Wahlkampfv­ereinnahmu­ngsstrateg­ie seitens der Regierung und als »schlichtwe­g frech und ziemlich distanzlos«.

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