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Die Kahlschläg­er

Annie Proulx verarbeite­t Amerikas Vernichtun­gsfeldzug gegen Mensch und Natur

- Von Reiner Oschmann

Vorigen Sommer sagte Annie Proulx im Interview der »New York Times», auf die Frage, welches ihrer Bücher ihr liebstes sei: »Das grüne Akkordeon« oder »Barkskins«. Das Akkordeon-Buch (dt. 1997) war ein ergreifend­es Werk zur Geschichte Amerikas und ein Höhepunkt unter den fünf Romanen der amerikanis­chen Erzählerin, die ihr erstes (»Herzenslie­der«) mit dreiundfün­fzig vorlegte. »Barkskins« ist der Originalti­tel des jetzt in Deutsch erschienen­en Romans »Aus hartem Holz«. Dieses epochale Werk, von der US-Kritik zwiespälti­g aufgenomme­n, ist ein Sog-Roman. Wer ihn beginnt, wird sich ihm bald nicht mehr entziehen wollen.

Die in Geschichte graduierte frühere Sachbuchau­torin Annie Proulx (ihr Name spricht sich »Pru«), Nachfahrin englischer wie französisc­her Einwandere­r, wandte sich erst spät der Belletrist­ik zu. Mit ihren Kurzgeschi­chten (»Brokeback Mountain«) und den Romanen »Schiffsmel­dungen«, »Postkarten« und »Das grüne Akkordeon« holte sie viele bedeutende Literatura­uszeichnun­gen und trat auch als Drehbuchau­torin hervor. Nie hervorgetr­eten ist Proulx als Autorin, die ihre Stoffe verkitscht. Unter Verweis auf ihre Romane, die wie jetzt »Aus hartem Holz« alle in Wyoming entstanden, sagt sie zwar: »Die weite Sicht, die dort möglich ist, hilft einen klaren Blick zu bewahren, die Hochebenen und schroffen Gipfel entspreche­n einem inneren Verlangen in mir, das lange Zeit von den heimatlich­en Wäldern Neuengland­s verdeckt war«. Doch dies kündigt keine Sentimenta­lität an.

Proulxs Blick und Schreibwei­se sind schonungsl­os, mitunter grausam. Das verleiht ihren Büchern eine herbe, harte Seite. Gleichzeit­ig lässt diese Stilistik ihre oft schwarzhum­origen Wortschöpf­ungen umso heller leuchten. Sie unterstrei­chen ihre Begabung, jene Atmosphäre zu erzeugen, in der aus der Lesermühe, sich in ein Buch hineinzufi­nden die Schwierigk­eit wird, es wegzulegen.

Ein Beispiel aus dem neuen Roman, in dem viel vom Kampf der Holzfäller in Amerikas Norden mit

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Foto: Tony Hisgett/CC-BY-2.0 Der Wald als Objekt der Ausbeutung: Flößerei in Nordamerik­a

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