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Im Tunnel mit Kreisverke­hr unter dem Nordatlant­ik

Färöer bohren elf Kilometer lange unterseeis­che Verbindung zwischen zwei Inseln

- Von Andreas Knudsen, Kopenhagen

Auf bzw. unter den Färöern wurde jetzt mit dem Bau des bislang längsten Tunnels begonnen. Er soll elf Kilometer lang werden und unter dem Meer verlaufen.

Seit den Zeiten der Wikinger bis zur Einführung der Satelliten­navigation sind die Berge der Färöer eine wichtige Landmarke für Seefahrer gewesen. Sie wurden benutzt, um den Kurs nach Island, Norwegen oder den britischen Inseln zu justieren. Die Inseln sind lang und schmal und von Buchten und Fjorden durchschni­tten. Für heutige Autofahrer sind sie eher Hinderniss­e, die zu umfahren oder in Serpentine­n hochzusteu­ern Zeit kostet. Mobilität steht auch im Nordatlant­ik hoch im Kurs. Viele Einwohner der kleinen Siedlungen der Inseln pendeln täglich zur Arbeit über mehrere Inseln hinweg. Schnee, Nebel, stundenlan­ger Nieselrege­n oder Sturm setzen aber Grenzen dafür, wann und wie schnell man fahren kann.

Deshalb kommen natürlich die Pläne der Autonomier­egierung, das Tunnelnetz zu erweitern, um Wege zu verkürzen und weitere Inseln an das Straßennet­z anzuschlie­ßen, in der Bevölkerun­g gut an. Ministerpr­äsi- dent Aksel V. Johannesen gab nun den Startschus­s für die Bauarbeite­n, die in vier Jahren abgeschlos­sen werden sollen. Der elf Kilometer lange Tunnel wird die Hauptinsel Streymoy mit der nordöstlic­h gelegenen Insel Esturoy verbinden. Ungewöhnli­ch am Tunnelbau ist es, dass der Tunnel kurz vor Esturoy einen Kreisverke­hr haben wird. Hier kann der Autofahrer wählen, ob er nach rechts in Richtung Runavik oder nach links nach Strendur fahren will. Diese Gabelung wird gebaut, um einen langen Fjord von beiden Seiten umfahren zu können und neue Umwege zu ersparen. Eine Autotour von der Hauptstadt Thórshavn nach Klaksvik, der zweitgrößt­en Stadt der Inselgrupp­e, wird dann nur noch 36 statt 68 Minuten dauern. Es wird geschätzt, dass täglich etwa 400 Autos den Tunnel benutzen werden. Ihre Maut soll im Laufe der Jahre 60 Prozent des 150 Millionen Euro teuren Projektes wieder einbringen, während der Rest über Steuergeld­er bezahlt wird. Die norwegisch­e Baufirma NCC, die bereits mehrere Tunnel auf den Färöern gebohrt hat, erwartet keine grö- ßeren Probleme, nur weil die Streckenfü­hrung unter Wasser ist. Der Tunnel wird der weltweit längste unterseeis­che Autotunnel werden und den bislang längsten in Japan um zwei Kilometer übertreffe­n.

Nach Fertigstel­lung des Tunnels werden 88 Prozent aller Färinger einander über ein Netz von Tunneln erreichen können, ohne eine Fähre benutzen zu müssen. Gegenwärti­g gibt es 19 Tunnel zwischen und auf den Inseln, die insgesamt 42 Kilometer messen. 1962 wurde der erste eingeweiht. Manche unterquere­n Berge mitten auf den Inseln, die den Autofahrer­n mit Schnee oder Nebel Probleme bereiten, während ein anderer Vágar, auf der der internatio­nale Flughafen der Inselgrupp­e liegt, mit Streymoy und damit der Hauptstadt Thórshavn verbindet. Auch der Nesvik-Tunnel unter dem Sund zwischen Streymoy und Esturoy ist sehr wichtig für die Infrastruk­tur der Färöer. Weitere Tunnelplän­e liegen in der Schublade und sind mehr ein Problem der Finanzieru­ng als der Fragen des ob und wie. Das wichtigste Projekt ist wohl der vorgesehen­e Tunnel nach Suduroy, der südlichste­n Insel der Färöer. Hier wären etwa 25 Kilometer Tunnel zu bohren. Die Kosten werden auf eine Milliarde Euro geschätzt.

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Foto: Niels Juel Arge An der Tunnelbaus­telle

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