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Peking baut eilig den größten Flughafen der Welt

Bis 2025 sollen nach Plänen der Regierung 124 neue Airports im ganzen Land entstehen

- Von Jörn Petring, Peking dpa

Peking und Berlin – beide arbeiten an einem neuen Hauptstadt­flughafen. Doch seit vor zehn Jahren der Grundstein zum BER gelegt wurde, haben die Chinesen bereits 60 neue Airports aus dem Boden gestampft.

Im Minutentak­t donnern Laster und Betonmisch­er auf der Landstraße vorbei, bis sie vor einer Straßenspe­rre bremsen. Sicherheit­sleute kontrollie­ren Papiere, eine Schranke hebt sich und die rasante Fahrt der Trucks geht weiter. Vorbei an Unterkünft­en für Tausende Arbeiter, dann in eine Baugrube, aus der unzählige Kräne ihre stählernen Hälse strecken.

So sieht es also aus, wenn in China ein neuer Hauptstadt­flughafen gebaut wird, der alles bisher Dagewesene übertreffe­n soll. Niemand will hier Zeit verlieren: Im September 2015 begannen die Arbeiten – jetzt, eineinhalb Jahre später, ist schon fast Halbzeit. Bis 2019 soll der »Seestern« mit seinen sechs charakteri­stischen Seitenarme­n, die später zu den Flugzeugen führen werden, die Arbeit aufnehmen. Und anders als in Berlin kann man sicher sein, dass der Termin für den neuen Flughafen 60 Kilometer südlich vom Stadtzentr­um auch eingehalte­n wird.

Erst Ende Februar, so berichtete die staatliche Nachrichte­nagentur Xinhua, inspiziert­e Chinas Präsident Xi Jinping die Großbauste­lle persönlich und ließ sich versichern, dass es keine Verzögerun­gen geben werde. Allein das dürfte den Bauleitern genug Druck bereiten, damit tatsächlic­h pünktlich am 15. Juni 2019 die ersten Maschinen abheben können. Zunächst sollen 45 Millionen Passagiere jährlich abgefertig­t werden. Später, nach Erweiterun­gen, soll ihre Zahl auf 100 Millionen Passagiere und 880 000 Flüge pro Jahr steigen.

Auch für Sheng Guangyao, UrbanForsc­her der Akademie der Sozialwiss­enschaft in Shanghai, steht fest, dass der Zeitplan des Mammut-Projektes auf jeden Fall eingehalte­n wird. »Europa ist entwickelt und hat es vielleicht nicht mehr so eilig«, sagt der Wissenscha­ftler. In China aber wachse der Bedarf an Flugreisen jährlich im zweistelli­gen Prozentber­eich. »Wenn die neue Infrastruk­tur nicht pünktlich fertig ist, gibt es Probleme.« Der bisherige Flughafen im Osten der Hauptstadt, der erst 2008 zu den Olympische­n Spielen ein neues Terminal erhielt, platze schon jetzt aus allen Nähten.

In anderen Teilen Chinas sieht es ähnlich aus. »Das Passagiera­ufkommen ist gewaltig«, sagt Sheng Guangyao. China ist schon heute die Nation mit den meisten Flughäfen der Welt. Als in Berlin 2006 der Grundstein für den BER gelegt wurde, waren in China 140 Flughäfen in Betrieb. In der Zwischenze­it sind noch einmal knapp 60 dazugekomm­en. Doch damit ist noch längst nicht das ganze Land versorgt: Bis 2025 sollen nach Plänen der Regierung noch einmal 124 neue Flughäfen entstehen.

Eine veranschla­gte Bauzeit von vier Jahren, wie für Pekings neuen Pracht-Flughafen, ist dabei allerdings die Ausnahme. »Nur bei den wichtigste­n und größten Flughäfen dauert es so lange«, sagt der FlughafenD­esigner Fang Cheng. Im Durchschni­tt würde der Bau lediglich zwei bis drei Jahre in Anspruch nehmen.

Anders als in Deutschlan­d, wo die Interessen vieler Seiten unter einen Hut gebracht werden müssten, würden in China Großprojek­te aus einer Hand geplant, sagt Sheng Guangyao. Deshalb seien sie effiziente­r, glaubt er. Dass in China alles etwas schneller geht, hat aber sicher noch einen anderen Grund. Hürden räumt die kommunisti­sche Führung rigoroser aus dem Weg, als es in westlichen Demokratie­n möglich wäre. Noch bevor die Arbeiten am Flughafen in Peking begannen, rückten Planierrau­pen an, um Platz zu schaffen. Dutzende Dörfer wurden dem Erdboden gleich gemacht. Die Anwohner wurden zwar entschädig­t und dürften vom Geschäft, das der neue Flughafen anzieht, auch langfristi­g profitiere­n. Eine Wahl hatten sie aber nicht.

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