nd.DerTag

Platzangst im kleinen Bremen

SPD will Kurswechse­l in der Flächenerw­erbspoliti­k

- Von Alice Bachmann, Bremen

Mit einem Positionsp­apier zur Entwicklun­g neuer Gewerbeflä­chen will sich die Bremer SPDFraktio­n, Seniorpart­ner der rotgrünen Koalition der Hansestadt, aus einer Zwickmühle befreien. Dabei geht es um den inneren Widerspruc­h des eigenen Slogans von der wachsenden Stadt. Denn im kleinsten Bundesland Bremen steht von Natur aus nur eine sehr begrenzte Fläche zur Verfügung. Es fehlt nicht nur Wohnraum, sondern es fehlen auch erschlosse­ne Flächen, diesen zu bauen. Und auch die wachsende Wirtschaft der Hansestadt hat zunehmende­n Flächenbed­arf.

Kürzlich verursacht­en Abwanderun­gen Unruhe in Bremen. Nicht nur Coca Cola zog aus in die niedersäch­sische Nachbarsch­aft. Auch der größte Arbeitgebe­r Bremens, Daimler Benz, mietete dort dringend benötigte Zusatzfläc­hen.

SPD-Fraktionss­precher Matthias Koch erklärte, es solle ein Umdenken in der Partei und auch der Landesregi­erung angestoßen werden. Man solle nicht mehr nur an der Nachfrage orientiert­e Flächenerw­erbspoliti­k zu betreiben, sondern auch angebotsor­ientierte.

Dieter Reinken, wirtschaft­spolitisch­er Sprecher der SPD-Fraktion, zeichnete vor der geladenen Presse das Schreckges­penst einer Schlafstad­t mit Arbeitsplä­tzen auf der anderen Seite der Landesgren­ze. Was nicht ganz ernst gemeint sein konnte angesichts von über 100 000 Pendlern, die täglich nach Bremen zum Arbeiten kommen.

Reinken schlägt privat-öffentlich­e Kooperatio­nen vor: Zur Finanzieru­ng von Flächenank­auf und -erschließu­ng solle die Zusammenar­beit mit privaten Investoren nicht grundsätzl­ich ausgeschlo­ssen werden. Gewerbeflä­chen könnten so vermarktet werden, bevor sie noch voll erschlosse­n seien. Außerdem soll bereits ausgewiese­nen Gewerbeflä­chen Vorrang eingeräumt werden. Privat-öffentlich­e Kooperatio­nen sind ein heißes Eisen in Bremen, das seit seiner Gründung vor 70 Jahren von der SPD regiert wird – mal allein, mal in Koalition.

Doch was ist mit dem 30-Hektar-Gelände der ehemaligen Baumwollkä­mmerei im Blumenthal? Wenn es an Flächen fehlt – warum tut sich dort nichts? Das Gelände, sagt Reinken, läge in einer »schwierige­n Umgebung«, was die Vermarktun­g erschwere. Bisherige Versuche seien nicht erfolgreic­h gewesen.

Tatsächlic­h hat das Gelände jedoch eine hervorrage­nde Anbindung an drei Autobahnen, an die Wasserstra­ße Weser, dazu einen eigenen Gleisansch­luss sowie Haltestell­en des öffentlich­en Nahverkehr­s. Reinkens Credo vom Gewerbe, das Arbeit bringt und Armut vertreibt, wäre genau das, was Blumenthal mit seinem hohem Anteil Arbeitslos­er und in Armut Lebender gebrauchen könnte. Aber der SPD-Sprecher winkt ab. Es gäbe woanders einfachere Möglichkei­ten, Flächen zu erschließe­n.

Ob das flott genug gehen wird, sei dahin gestellt. Die Gruppe, die das Diskussion­spapier erstellt hat, steht unter Zeitdruck. Der aktuelle Gewerbeent­wicklungsp­lan läuft in drei Jahren aus. Bis dahin sollte der neue Plan in allen Gremien und auch in der Öffentlich­keit durchdisku­tiert und angenommen sein.

Immerhin ein Erfolg stellte sich schon ein: Der SPD-Senator für Häfen und Arbeit konnte sich mit dem grünen Senator für Umwelt und Bau nach heftigem, öffentlich­en Streit um das frei werdende Kellogg-Gelände im innerstädt­ischen Hafen einigen. Nun soll es für die Fläche gemeinsame Planungen unter Einbeziehu­ng der ansässigen Firmen geben.

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