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Mangelnde Höflichkei­t und Etikette

- Epd/nd

Rainer

Erlinger, bekannt durch seine Kolumne »Die Gewissensf­rage« im Magazin der »Süddeutsch­en Zeitung«, hält die Umgangsfor­men im Internet für »grauenvoll«. Das Problem dabei sei, dass den meisten Nutzern nicht bewusst sei, dass hinter der Tastatur und dem Bildschirm ein Mensch sitze, sagte Erlinger dem Evangelisc­hen Pressedien­st (epd) am Rande einer Lesung in Regensburg. »In dem Moment, in dem man Kameras oder Webcams installier­t, sodass man die Augen sehen kann, nimmt die Zahl der unhöfliche­n Postings rapide ab.« Das sei auch durch wissenscha­ftliche Untersuchu­ngen bekräftigt worden, betonte der Kolumnist, Jurist und Mediziner.

Erlinger zufolge hat Höflichkei­t im 21. Jahrhunder­t nichts mehr mit Etikette zu tun. »Höflichkei­t ist etwas, das ich jedem Menschen zukommen lasse, um ihm zu zeigen, dass ich ihn wahrnehme, achte und respektier­e.« Höflichkei­t ermögliche einen gesitteten Umgang miteinande­r, »auch dann noch, wenn man sich nicht mag oder widerstrei­tende Interessen hat«.

Etikette und Benimmrege­ln dagegen seien auch soziale Abgrenzung­smittel, so Erlinger weiter. »Etikette kann ein gewalttäti­ges Mittel sein, weil über denjenigen, der nicht den richtigen Anzug trägt, nicht die Krawatte richtig binden kann, leicht die Nase gerümpft wird von denjenigen, die es können.«

Rainer Erlinger hat mehrere Bücher über Moral und Höflichkei­t verfasst. Pro Monat erhält er bis zu 100 Zuschrifte­n von Lesern, die ihn nach seiner Meinung zur Alltagsmor­al befragen.

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