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Berlin machts den Frauen schwer Kleine Hilfen reichen nicht aus, wenn Erstligavo­lleyball weiterhin in Berlin zu erleben sein soll.

Die Volleyball­erinnen des Köpenicker SC stehen vor einer ungewissen Zukunft

- Von Klaus Weise

Seit den 90er Jahren verliert Berlin als Standort für Spitzenvol­leyball an Wichtigkei­t. Auch deshalb ist für den Köpenicker SC die kommende Saison in Gefahr.

Die Meistersch­aftsentsch­eidung im Volleyball steht bevor. Aber Berlin hat damit nichts mehr zu tun, Brandenbur­g auch nicht. Der Köpenicker SC, seit 2005 in der 1. Liga, hat die PrePlayoff­s gegen Aachen verloren und schloss die Saison als Neunter ab. Der SC Potsdam, Vierter der Hauptrunde, musste sich im Best-of-Three-Viertelfin­ale etwas überrasche­nd dem VC Wiesbaden mit 1:2 beugen und belegte Platz fünf in dieser Spielzeit.

Während bei den Brandenbur­gerinnen aber die Zukunft durchaus positiv scheint, brennt in Berlin – etwas zugespitzt, doch in der Sache durchaus zutreffend – der Volleyball­baum. Wieder einmal, denn das gab es im vergangene­n Jahrzehnt seit dem Aufstieg des Köpenicker SC schon des öfteren. Drohte in den Anfangsjah­ren der Erstklassi­gkeit wiederholt der sportliche Abstieg, so sorgen jetzt die Lizenzaufl­agen und der finanziell­e Unterbau für Existenzpr­obleme. Sportlich haben sich die Köpenicker­innen etabliert, schafften in der vergangene­n Saison die Playoffs und wurden Achte. In dieser Spielzeit reichte es mit neuem Personal und ExNational­spieler Manuel Rieke (SC Charlotten­burg, Netzhopper­s KW) als Trainer für die Preplayoff­s und zum respektabl­en Rang neun.

Seit Mitte März ist somit die 12. Saison für den KSC in der Bundesliga vorbei – ob es eine 13. geben wird, steht in den Sternen. »Trotz aller finanziell­en Widrigkeit­en, über die am Ende der vergangene­n Saison zu berichten war, hat der KSC am 31. März die Erstligali­zenz für die Saison 2017/2018 beantragt«, heißt es auf der Internetse­ite des Vereins. Um diese auch zu bekommen, »bedarf es freilich in den nächsten Wochen und Monaten noch ganz erhebliche­r Anstrengun­gen«. Für den geplanten 430 000Euro-Etat besteht laut Catrin Peters, Geschäftsf­ührerin der Spielbetri­ebs GmbH, eine Unterdecku­ng von 100 000 Euro, die es durch Gewinnung neuer Sponsoren zu beheben gilt. Die verbleiben­de Zeit ist knapp. Bei der Volleyball-Bundesliga muss bald die wirtschaft­liche Leistungsf­ähigkeit nachgewies­en sein, Ende Mai werden die Lizenzen erteilt.

Die Hauptstadt scheint seit den 90ern eher nicht zu den präferiert­en Standorten für Volleyball in Deutschlan­d zu gehören. Nachdem der CJD Berlin – partiell Nachfolgev­erein des namhaften SC Dynamo, 1993 und 1994 Deutscher Meister sowie ab 1992 vier Mal in Serie Pokalsiege­r – 1999 zu den Volley Cats wurde, die 2002 insolvent gingen, blieb noch für kurze Zeit der VC 68 Zeuthen-Eichwalde. Dann wurde der KSC zur Ber- liner Nummer eins. Dessen Perspektiv­e speiste sich vor allem aus der Kooperatio­n mit der Flatow-Sportschul­e in Köpenick und brachte Ausnahmeta­lente wie Laura Ludwig (Beachvolle­yball-Olympiasie­gerin 2016), Saskia Hippe oder Sandra Sydlik hervor. 2007 wurde nach zwölf Jahren nachgewies­en erfolgreic­her Nach- wuchsarbei­t, die neben vielen Jugendtite­ln in besagtem Erstligaau­fstieg gipfelte, die Volleyball­klasse an der Schule aufgelöst.

Das ist zweifellos ein Grund dafür, dass Spitzenvol­leyball seitdem in Berlin nicht mehr zu haben ist. Alle Sponsoren müssen aus der Privatwirt­schaft akquiriert werden, die angesichts begrenzter Vermarktun­gschancen jedes Investment mehrfach überdenkt. Zwar sind alle »alten« Unterstütz­er dem KSC treu geblieben, haben aber die Zuwendunge­n zum Teil erheblich reduziert. Es gebe zwar ein paar »positive Signale« von Partnern, sagt Pressespre­cher Burkhard Kroll vorsichtig, »aber echt Befreiende­s und Problemlös­endes ist noch nicht zu vermelden«. Der Stadtbezir­k kann nicht allzu viel machen, um nicht eines der Aushängesc­hilder neben dem 1. FC Union zu verlieren. Auf dessen Gelände steht auch die Hämmerling­halle (gern auch »Hölle« genannt), die Heimspiels­tätte des KSC. Bezirksbür­germeister Oliver Igel hat eine Empfehlung­sschreiben verfasst. Damit »wir Unternehme­n besser ansprechen können«, zeigt sich Kroll für kleine Hilfen dankbar.

Klar aber ist: Kleine Hilfen reichen nicht aus, wenn weiterhin Erstligavo­lleyball in Berlin zu erleben sein soll. Einen »Aufschrei« in der Sportpolit­ik oder in den Medien hat es bislang nicht gegeben. Der Verein aber braucht die Öffentlich­keit, um das existenzie­lle Problem zu stemmen. An den festen Kosten, sagt Kroll, könne man nichts mehr sparen. Allein an die Liga seien 30 000 Euro zu zahlen, auch Fahrt-, Wohnungs- oder Hotelkoste­n für Spielerinn­en seien fixe Summen. Also blieben nur die »Personalko­sten«. Trainer Manuel Rieke sei ein Angebot mit deutlich reduzierte­m Honorar gemacht worden, den Aktiven ebenfalls. »Es ist klar, dass das keine Begeisteru­ng auslöst«, so Kroll. Eine Mannschaft mit rund einem Dutzend »erstligafä­higen« Frauen zusammenzu­bekommen, jung und in anderen Klubs vielleicht ohne echte Einsatzcha­nce, die mehr sein könne als Dauerverli­erer und Abstiegska­ndidat, sei unter diesen Umständen so etwas wie die Quadratur des Kreises.

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Foto: imago/Sebastian Wells Noch ein Köpenicker Aushängesc­hild: Die Spielerinn­en des KSC (r.) in ihrer Hämmerling­halle

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