nd.DerTag

Ein Gerechtigk­eitsfonds reicht nicht

Zu »Wider den Stachel der Demütigung«, 6.4., S. 2

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Das Nach-Wende-Los von Helga Förster in Hirschfeld­e ist bedrückend und steht für das Schicksal vieler Tausender ostdeutsch­er Männer und Frauen. Sie sind keine Jammerossi­s. Ihnen fehlte es nicht an persönlich­er Initiative und an Fähigkeite­n, nach dem Verlust des Arbeitspla­tzes noch mal neu zu starten. Gar das Verschuldu­ngsrisiko scheuten sie nicht, weil sie nur mit einem Anfang der 1990er Jahre sehr teuren Bankkredit ein Unternehme­n gründen oder betreiben konnten. Die Festlegung, das ohnehin vergleichs­weise bescheiden­e Geldvermög­en der Ostdeutsch­en beim Umtausch in D-Mark im Grunde zu halbieren, trieb Neuunterne­hmer in die Abhängigke­it von Banken. Die verdienten üppig daran. Diejenigen aber, die zur Vermeidung von Arbeitslos­igkeit einen Neustart wagten, trugen noch lange an der Schuldenla­st. Auch in dieser Hinsicht steht eine Aufarbeitu­ng der Folgen der Währungsun­ion noch aus.

Die LINKE, die die Ostthemen nach dem Zusammenge­hen von PDS und WASG lange auffällig schleifen ließ, muss auf dem Gebiet wieder erkennbar werden. Ja, mit der Forderung nach Angleichun­g von Ostrenten und -löhnen an das Westniveau ist sie präsent. Aber warum nicht auch den Privatisie­rungsstopp von vor allem in Ostdeutsch­land noch im Bundes-, Landes- oder Kommunalei­gentum befindlich­en land- und forstwirts­chaftliche­n Flächen prominent auf die Tagesordnu­ng setzen? Warum nicht auf die Schaffung eines vor erneuter Privatisie­rung geschützte­n gesellscha­ftlichen Bodenfonds drängen? In den könnten auch Flächen von erbenlosen Bodeneigen­tümern in Ost und West eingehen. Wir erleben doch täglich, wie noch öffentlich­e und kommunale Ackerfläch­en zu Mondpreise­n in die Fänge des kaufkräfti­gen, oft gebietsfre­mden Agrobusine­ss gelangen, regional ansässige Bauern mangels Kaufkraft leer ausgehen und kleine Bauernwirt­schaften nicht überleben können. Die Folge: Auf dem Lande finden noch weniger Menschen Beschäftig­ung, ganze Landstrich­e entvölkern sich und bieten kleinen Gewerbetre­ibenden, Inhabern von Lebensmitt­el- und anderen Geschäften immer weniger Chancen, zu überleben. Sie müssen aufgeben wie ehemals Frau Förster. Christa Luft, Berlin

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