Zuckerbrot für Putin, Peitsche für Assad
Die führenden Industriestaaten berieten über ihre weitere Syrien-Strategie
Bevor US-Außenminister Tillerson nach Moskau reist, stimmten sich die G7-Staaten im Syrien-Konflikt ab.
Vier Tage nachdem US-Zerstörer im Mittelmeer 59 Tomahawk-Raketen auf den syrischen Luftwaffenstützpunkt Shayrat feuerten, haben die USA und ihre westlichen Verbündeten erklärt, sie setzten auf eine politische Lösung im Syrien-Krieg. Bei einer Tagung der Außenminister der sieben führenden Industriestaaten (G7) in der norditalienischen Stadt Lucca sagte am Dienstag Rex Tillerson, man suche »einen nicht gewalttätigen, nicht militärischen Weg«.
Allerdings ließ der US-Außenminister keine Zweifel daran, dass dieser Weg dazu führen müsse, Syriens Präsidenten Baschar alAssad mindestens zu entmachten. Davon, dass über dessen Zukunft das syrische Volk zu entscheiden habe, wie aus dem Weißem Haus noch vorige Woche zu hören war, ist in Lucca nicht mehr die Rede gewesen. Ein Krieg gegen Syrien würde allerdings momentan auch Krieg gegen Russland bedeuten. Das ist den G7 offensichtlich klar.
Man möchte Russland deshalb zu einem Kurswechsel bewegen. Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel machte sich zum Fürsprecher dieses Versuchs. Die G7 seien sich einig, dass sie die russische Führung zum Bruch mit Assad drängen wollten. »Man kann nicht an der Seite eines Regimes stehen«, so Gabriel, »das ja nicht zum ersten Mal Giftgas gegen seine eigene Bevölkerung eingesetzt hat.« Ganz so einig war man sich zu Anfang indessen nicht. Der britische Außenminister Boris Johnson hatte zu Beginn des Treffens neue Sanktionen als Druckmittel gegen Russland ins Spiel gebracht. Das verfiel offenbar der Ablehnung.
Gabriel unterstrich gegenüber dpa: »Es mag nicht allen gefallen, aber ohne Moskau und ohne Teheran wird es keine Lösung für Syrien geben. Ausgrenzung ist deshalb sicher nicht der Weg der Wahl.« Eingeladen in Lucca waren am Dienstag allerdings die Außenminister jener Staaten, die bisher als Unterstützer des Islamischen Staates und anderer bewaffneter Formationen auf syrischem Boden bekannt waren – wie Katar, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabische Emirate, dazu Jordanien und die Türkei.
Die G7 – das sind die USA, Deutschland, Italien, Frankreich, Großbritannien, Kanada und Japan – wollten sich auf einen gemeinsamen Syrien-Standpunkt einigen. Das Ergebnis ist nun offenbar, dass man Russland umwirbt, um es von seinem Pro-Assad-Kurs abzubringen.
Was sie dafür zu bieten gedenken, wurde allerdings nicht verraten. Tillerson reist nach dem G7-Treffen weiter nach Moskau, wo er am heutigen Mittwoch seinen russischen Amtskollegen Sergej Lawrow treffen wird.
Im Ton wurde man bereits konzilianter. Ein Beamter des Weißen Hauses hatte in der Nacht zu Dienstag erklärt, die USA gingen nicht davon aus, dass Russland von dem mutmaßlichen syrischen Giftgasangriff am Dienstag voriger Woche vorab Kenntnis hatte.