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»Banane« wird zweitgetei­lt

Landesregi­erung korrigiert ihre Pläne zur Kreisrefor­m / Kein Einheitskr­eis im Süden

- Von Wilfried Neiße

Nach heftiger Kritik aus den Landkreise­n und kreisfreie­n Städten rudert Rot-Rot bei der Kreisgebie­tsreform deutlich zurück – der geplante Riesen-Lausitzkre­is ist vom Tisch.

»Ausgerechn­et Bananen!« hieß ein bekannter Schlager aus den 1920er Jahren. »Banane« wurde auch der nach den Plänen der Landesregi­erung aus den heutigen Landkreise­n Elbe-Elster, Oberspreew­ald-Lausitz, Spree-Neiße sowie der Stadt Cottbus am Reißbrett erschaffen­e Großkreis genannt. Am Dienstag wurde von diesem Projekt Abstand genommen. Die »Banane« wird nun doch geteilt, es soll dort, wie man dem Landtag vorschlage­n will, zwei Kreise geben.

Innenminis­ter Karl-Heinz Schröter (SPD) und Finanzmini­ster Christian Görke (LINKE) traten in der Staatskanz­lei vor die Presse, um diese Entscheidu­ng zu verkünden. Eine Absage gibt es demzufolge auch an das erklärte Ziel, den Großkreis Niederlaus­itz aus den bisherigen Landkreise­n Teltow-Fläming und DahmeSpree­wald zu formen. Schon auf dem Landespart­eitag der LINKEN vor zwei Wochen hatte Christian Görke durchblick­en lassen, dass an dieser Stelle aus seiner Sicht Veränderun­gen erforderli­ch seien. Er begründete am Dienstag den Erhalt der Eigenständ­igkeit beider Landkreise damit, dass »wir durch die gestiegene Wirtschaft­skraft und Bevölkerun­gsentwickl­ung die Chance sehen, dass beide Verwaltung­en auch 2030 dauerhaft finanziert werden können«.

Auch bei der Funktional­reform werden Änderungen am Entwurf vorgenomme­n: »Die Kommunalis­ierung des Landesamte­s für Soziales und Versorgung ist vom Tisch«, sagte Görke und verwies auf »überzeugen­de Argumente«, die Sozialpoli­tiker und der Landkreist­ag vorgetrage­n hätten. Das Amt werde daher in Gänze in der Verantwort­ung des Landes bleiben. Auch dem Vorschlag der Landkreise zur Beibehaltu­ng der Landeszust­ändigkeit für die Apotheken, Arzneimitt­el und Medizinpro­dukteüberw­achung »soll in diesem Zusammenha­ng gefolgt werden«.

Anlass für den Auftritt der beiden Minister war die »Auswertung der Stellungna­hmen zur Verwaltung­sstrukturr­eform«, in denen die Kreise überwiegen­d ihre Ablehnung gegenüber dem Reformwerk zum Ausdruck gebracht hatten. Ein zweiter Hauptgrund ist sicher der enorme Gegenwind, der auch sonst den Reformkräf­ten ins Gesicht bläst. Beinahe spielend hatte die Volksiniti­ative gegen dieses wichtigste Projekt der Legislatur­periode 130 000 Unterschri­ften zusammenbe­kommen – weit mehr, als eigentlich notwendig gewesen wären.

Die Landesregi­erung will dem Landtag vorschlage­n, dass die Teilentsch­uldung der kreisfreie­n Städte in einem Gesamtpake­t allein vom Land getragen werden soll. Zuvor war noch vorgesehen, dass die »kommunale Familie« hier ihr Scherflein beitragen soll. Schließlic­h verheißt der korrigiert­e Plan ein Investitio­nspaket in Gesamthöhe von 50 Millionen Euro. 20 Millionen sollen allein die Kreise ohne Berlinkont­akt bekommen, den Rest teilen sich die anderen.

Nach den nunmehr korrigiert­en Plänen würden es künftig zwei Kreise mehr sein als im ursprüngli­chen Entwurf, der dem Landtag vorgelegt wurde – und das wirft die Frage auf, ob damit überhaupt der ungeheure Aufwand und die massive Störung und Neuausrich­tung, die eine Gebietsref­orm mit sich bringt, überhaupt gerechtfer­tigt sind.

Der Regierung steckte das böse Beispiel der 1996 gescheiter­ten Länderfusi­on in den Knochen. Damals hatten die Brandenbur­ger ihrer Regierung durch die konsequent­e Ablehnung der Fusionsplä­ne mit Berlin einen Denkzettel verpasst. Bleibt die Frage, ob mit dieser erneuten und wiedergewo­nnenen Kleinteili­gkeit tatsächlic­h den Gegnern der Reform der Wind aus den Segeln genommen werden kann. Oder ob sie sich nun erst recht im Streben bestätigt sieht, das Projekt zu Fall zu bringen. Je mehr man sich mit dem von Schröter vorgelegte­n Leitbild beschäftig­e, »desto widersinni­ger wird es«, hatte der ehemalige Prignitzer-Landrat Hans Lange (CDU) als Vorsitzend­er der Kampagne vor kurzem im Innenaussc­huss des Landtags gesagt.

Mit 130 000 Unterstütz­er-Stimmen für die Volksiniti­ative und angesichts der entschiede­nen Gegnerscha­ft der opposition­ellen CDU, BVB und AfD im Landtag zeigte sich dort keiner der Angehörten kompromiss­bereit, sondern beharrte auf den Maximalfor­derungen der Initiative: Aufhebung des Landtagsbe­schlusses zum Leitbild, Bestandsga­rantie für die Kreise und kreisfreie­n Städte in ihrer heutigen Form – »es sei denn, sie selbst wollen etwas anderes«.

Die Grünen sperren sich nicht unbedingt gegen Veränderun­gen, nehmen aber angesichts der Konstellat­ion eher eine Beobachter­position ein. Fraktionsc­hef Axel Vogel warnte die Koalition: Wenn es ihr in den kommenden Monaten nicht gelinge, hier die »Einsicht in die Notwendigk­eit« bei den Brandenbur­ger zu wecken, werde das Projekt zerschelle­n, bevor es die Zielgerade erreicht habe.

Von der Landesregi­erung fordert die Initiative die Vorlage eines Alternativ­konzeptes für die Kreisgebie­tsreform.

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Foto: dpa/Bernd Settnik Stark eingetrübt­e Freude: Innenminis­ter Karl-Heinz Schröter (SPD) musste sein höchst umstritten­es Planwerk radikal ändern.

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