43 Milliliter Regen in drei Monaten
Im Norden Bayerns gab es im Winter kaum Niederschläge, der Grundwasserspiegel liegt einen Meter tiefer als üblich
Die Winter waren in Franken und Teilen Hessens zuletzt so trocken wie lange nicht mehr. Das ganze Ökosystem leidet, Landwirte schlagen Alarm. Ein Bericht aus dem Norden Bayerns.
Bei den Niederschlägen ist Bayern deutlich zweigeteilt: Im Süden regnet es viel mehr als im Norden. Manchmal so viel, dass Hochwasser und Überschwemmungen drohen. Im Norden dagegen bleibt es immer häufiger auch im Winter trocken. Das kann enorme Auswirkungen auf Landwirtschaft, Wasserversorger und Verbraucher haben.
Dem Deutschen Wetterdienst zufolge hat es im Norden Bayerns in diesem Winter deutlich weniger geregnet als in der Vergangenheit. In Würzburg beispielsweise fallen von Dezember bis März im langjährigen Mittel etwa 140 Milliliter Regen pro Quadratmeter. Seit Dezember 2016 aber waren es gerade einmal 43 Milliliter. Besonders trocken ist es derzeit im Maindreieck, also bei Würzburg und Kitzingen. Auch in Teilen Hessens fiel deutlich zu wenig Niederschlag.
Was sind die Folgen? Das Grundwasser sinkt üblicherweise im Sommer und steigt im Winter an. Dieses Jahr jedoch verzeichnet das Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg in vielen unterfränkischen Regionen sehr niedrige Grundwasserstände – sie konnten sich nicht ausreichend erholen. Auch, weil es nun bereits mehrere trockene Winter hintereinander gab. In Stockstadt am Main (Landkreis Aschaffenburg) liegt der Grundwasserspiegel aktuell mehr als 5,75 Meter unter der Erde. Das ist mehr als einen Meter tiefer als zu dieser Jahreszeit üblich.
»Die Stände der öffentlichen Grundwasser-Messstellen gehen gerade im Sinkflug nach unten«, sagt dazu ein Experte eines lokalen Wasserversorgers. Der Wasservorrat für die Pflanzen im Boden ist fast verbraucht, heißt es auch vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Kitzingen. »Wir haben im Grunde keine Reserven mehr und sind auf Niederschläge angewiesen«, betont Behördenleiter Gerd Düll. Im Gemüsebau muss deshalb teilweise bereits künstlich bewässert werden. Vor allem, um die Jungpflanzen und die Sämlinge vor dem Vertrocknen zu schützen. In der Regel werden Gemüsesorten wie Zucchini, Gurken und Salat sowie alle Beeren bewässert. Im klassischen Ackerbau, bei Getreide, Zuckerrüben und Mais lohnen die hohen Kosten die Beregnung nicht.
Die Rebstöcke in der fränkischen Weinregion halten die aktuelle Trockenheit derzeit noch aus. Doch schon in sechs bis acht Wochen könnte es auch für den Wein problematisch werden, dass der Boden kein Wasser mehr gespeichert hat. Im Moment fürchten die Winzer aber eher, dass der frühe Austrieb von nächtlichen Aprilfrösten zerstört werden und damit die Ernte geschmälert werden könnte.
Problematisch ist die Situation für die Wälder: Die Bäume sind jetzt in der Austriebphase. Sie brauchen also dringend viel Wasser. Durch die Trockenheit werden sie in ihrem Wachstum geschwächt. Das äußert sich auch dadurch, dass sie sich weniger gegen Schädlinge schützen können. »Die Mistel hat sich auch deshalb in der Vergangenheit immer weiter verbreitet, weil die Abwehrkräfte der Bäume geschwächt sind«, erläutert Düll. Auch im Kampf gegen den Borkenkäfer sind feuchte Jahre besser.
Bei der öffentlichen Trinkwasserversorgung gibt es dem Wasserwirtschaftsamt und der Fernwasserversorgung Franken zufolge noch keine zusätzlichen Probleme. Nur in Orten, die lediglich auf eine Quelle statt auf Brunnen oder mehrere Versorgungswege setzen, sind Einschränkungen in naher Zukunft denkbar. Dann kann es durchaus passieren, dass die Bewohner in der Region zum Wassersparen aufgerufen werden. Im Moment bekommen viele dieser Kommunen ihr Wasser über Notleitungen. Aktuell hat die anhaltende Tro- ckenheit somit noch keine spürbaren Auswirkungen auf die Verbraucher. Bleibt der Regen jedoch weiter aus, kann das dazu führen, dass die Bauern der Region die Preise für Obst und Gemüse erhöhen. Zum anderen ist es in einzelnen Regionen möglich, dass Wasser gespart werden muss und deshalb Swimmingpools, Rasensprengen oder Autowaschen tabu sind.
Im Moment bekommt eine Reihe von fränkischen Kommunen Wasser über Notleitungen.
Was wird getan, um eine Verschärfung der Situation zu verhindern? Es wird Wasser vom Süden in den Norden gepumpt: Aus dem LechDonau-Mündungsgebiet werden pro Jahr etwa 30 Milliarden Liter Trinkwasser in den Norden Bayerns gefördert. Außerdem kommen über die Überleitung Donau-Main und damit über den Main-Donau-Kanal jährlich etwa 125 Milliarden Liter Wasser aus dem Süden, um die Wasserstände der Flüsse und Seen stabil zu halten und das überschüssige Wasser aus dem Süden für Trockenperioden zu speichern. Und dann ist da noch das Wasser aus der Altmühl sowie dem Rothsee und Brombachsee, das über kleinere Bäche und Flüsse in den Main geleitet wird, um Niedrigwasserspitzen abzupuffern.
Wenig Regen und luftige oder kalkhaltige Böden, die schlecht Wasser speichern – Nordbayern muss mit dem Wassermangel umgehen lernen. Es gibt sowohl bei der Regierung von Unterfranken als auch bei der Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) viele Überlegungen und Versuche, oberirdische Wasserspeicher anzulegen. Das ist in Form von Becken, Seen, Teichen oder auch Behältern möglich. Die würden im Winter befüllt und im Frühjahr und Sommer genutzt. Das Niedrigwassermanagement der Regierung wird zudem einen Leitfaden herausgeben, der beim sinnvollen Haushalten mit der knappen Ressource Grundwasser helfen soll.