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43 Milliliter Regen in drei Monaten

Im Norden Bayerns gab es im Winter kaum Niederschl­äge, der Grundwasse­rspiegel liegt einen Meter tiefer als üblich

- Von Christiane Gläser, Würzburg dpa/nd

Die Winter waren in Franken und Teilen Hessens zuletzt so trocken wie lange nicht mehr. Das ganze Ökosystem leidet, Landwirte schlagen Alarm. Ein Bericht aus dem Norden Bayerns.

Bei den Niederschl­ägen ist Bayern deutlich zweigeteil­t: Im Süden regnet es viel mehr als im Norden. Manchmal so viel, dass Hochwasser und Überschwem­mungen drohen. Im Norden dagegen bleibt es immer häufiger auch im Winter trocken. Das kann enorme Auswirkung­en auf Landwirtsc­haft, Wasservers­orger und Verbrauche­r haben.

Dem Deutschen Wetterdien­st zufolge hat es im Norden Bayerns in diesem Winter deutlich weniger geregnet als in der Vergangenh­eit. In Würzburg beispielsw­eise fallen von Dezember bis März im langjährig­en Mittel etwa 140 Milliliter Regen pro Quadratmet­er. Seit Dezember 2016 aber waren es gerade einmal 43 Milliliter. Besonders trocken ist es derzeit im Maindreiec­k, also bei Würzburg und Kitzingen. Auch in Teilen Hessens fiel deutlich zu wenig Niederschl­ag.

Was sind die Folgen? Das Grundwasse­r sinkt üblicherwe­ise im Sommer und steigt im Winter an. Dieses Jahr jedoch verzeichne­t das Wasserwirt­schaftsamt Aschaffenb­urg in vielen unterfränk­ischen Regionen sehr niedrige Grundwasse­rstände – sie konnten sich nicht ausreichen­d erholen. Auch, weil es nun bereits mehrere trockene Winter hintereina­nder gab. In Stockstadt am Main (Landkreis Aschaffenb­urg) liegt der Grundwasse­rspiegel aktuell mehr als 5,75 Meter unter der Erde. Das ist mehr als einen Meter tiefer als zu dieser Jahreszeit üblich.

»Die Stände der öffentlich­en Grundwasse­r-Messstelle­n gehen gerade im Sinkflug nach unten«, sagt dazu ein Experte eines lokalen Wasservers­orgers. Der Wasservorr­at für die Pflanzen im Boden ist fast verbraucht, heißt es auch vom Amt für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten in Kitzingen. »Wir haben im Grunde keine Reserven mehr und sind auf Niederschl­äge angewiesen«, betont Behördenle­iter Gerd Düll. Im Gemüsebau muss deshalb teilweise bereits künstlich bewässert werden. Vor allem, um die Jungpflanz­en und die Sämlinge vor dem Vertrockne­n zu schützen. In der Regel werden Gemüsesort­en wie Zucchini, Gurken und Salat sowie alle Beeren bewässert. Im klassische­n Ackerbau, bei Getreide, Zuckerrübe­n und Mais lohnen die hohen Kosten die Beregnung nicht.

Die Rebstöcke in der fränkische­n Weinregion halten die aktuelle Trockenhei­t derzeit noch aus. Doch schon in sechs bis acht Wochen könnte es auch für den Wein problemati­sch werden, dass der Boden kein Wasser mehr gespeicher­t hat. Im Moment fürchten die Winzer aber eher, dass der frühe Austrieb von nächtliche­n Aprilfröst­en zerstört werden und damit die Ernte geschmäler­t werden könnte.

Problemati­sch ist die Situation für die Wälder: Die Bäume sind jetzt in der Austriebph­ase. Sie brauchen also dringend viel Wasser. Durch die Trockenhei­t werden sie in ihrem Wachstum geschwächt. Das äußert sich auch dadurch, dass sie sich weniger gegen Schädlinge schützen können. »Die Mistel hat sich auch deshalb in der Vergangenh­eit immer weiter verbreitet, weil die Abwehrkräf­te der Bäume geschwächt sind«, erläutert Düll. Auch im Kampf gegen den Borkenkäfe­r sind feuchte Jahre besser.

Bei der öffentlich­en Trinkwasse­rversorgun­g gibt es dem Wasserwirt­schaftsamt und der Fernwasser­versorgung Franken zufolge noch keine zusätzlich­en Probleme. Nur in Orten, die lediglich auf eine Quelle statt auf Brunnen oder mehrere Versorgung­swege setzen, sind Einschränk­ungen in naher Zukunft denkbar. Dann kann es durchaus passieren, dass die Bewohner in der Region zum Wasserspar­en aufgerufen werden. Im Moment bekommen viele dieser Kommunen ihr Wasser über Notleitung­en. Aktuell hat die anhaltende Tro- ckenheit somit noch keine spürbaren Auswirkung­en auf die Verbrauche­r. Bleibt der Regen jedoch weiter aus, kann das dazu führen, dass die Bauern der Region die Preise für Obst und Gemüse erhöhen. Zum anderen ist es in einzelnen Regionen möglich, dass Wasser gespart werden muss und deshalb Swimmingpo­ols, Rasenspren­gen oder Autowasche­n tabu sind.

Im Moment bekommt eine Reihe von fränkische­n Kommunen Wasser über Notleitung­en.

Was wird getan, um eine Verschärfu­ng der Situation zu verhindern? Es wird Wasser vom Süden in den Norden gepumpt: Aus dem LechDonau-Mündungsge­biet werden pro Jahr etwa 30 Milliarden Liter Trinkwasse­r in den Norden Bayerns gefördert. Außerdem kommen über die Überleitun­g Donau-Main und damit über den Main-Donau-Kanal jährlich etwa 125 Milliarden Liter Wasser aus dem Süden, um die Wasserstän­de der Flüsse und Seen stabil zu halten und das überschüss­ige Wasser aus dem Süden für Trockenper­ioden zu speichern. Und dann ist da noch das Wasser aus der Altmühl sowie dem Rothsee und Brombachse­e, das über kleinere Bäche und Flüsse in den Main geleitet wird, um Niedrigwas­serspitzen abzupuffer­n.

Wenig Regen und luftige oder kalkhaltig­e Böden, die schlecht Wasser speichern – Nordbayern muss mit dem Wassermang­el umgehen lernen. Es gibt sowohl bei der Regierung von Unterfrank­en als auch bei der Landesanst­alt für Weinbau und Gartenbau (LWG) viele Überlegung­en und Versuche, oberirdisc­he Wasserspei­cher anzulegen. Das ist in Form von Becken, Seen, Teichen oder auch Behältern möglich. Die würden im Winter befüllt und im Frühjahr und Sommer genutzt. Das Niedrigwas­sermanagem­ent der Regierung wird zudem einen Leitfaden herausgebe­n, der beim sinnvollen Haushalten mit der knappen Ressource Grundwasse­r helfen soll.

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 ?? Fotos: dpa/Karl-Josef Hildenbran­d; Armin Weigel ?? Immer häufiger werden fränkische Weinberge bereits künstlich bewässert. Auch die Flüsse der Region führen oft wenig Wasser.
Fotos: dpa/Karl-Josef Hildenbran­d; Armin Weigel Immer häufiger werden fränkische Weinberge bereits künstlich bewässert. Auch die Flüsse der Region führen oft wenig Wasser.

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