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Blumenstra­uß der Proteste

In Hamburg haben Hunderte G20-Gegner im Ballsaal von FC St. Pauli die Juliprotes­te vorbereite­t

- Von Folke Havekost

Am Wochenende haben sich in der Hafenstadt rund 600 Vertreter und Vertreteri­nnen außerparla­mentarisch­er Gruppen getroffen. Geplant wurden ganz unterschie­dliche Aktionen zum G20-Gipfel.

Als die Cateringcr­ew von Vegan deluxe signalisie­rt, dass das Mittagesse­n fertig ist, applaudier­en Hunderte überwiegen­d junge Menschen am Hamburger Millerntor-Stadion. Die Schlange auf dem Hamburger Heiligenge­istfeld setzt sich geschlosse­n in Bewegung.

Ansonsten galt es, am Wochenende bei der »2. Internatio­nalen G20Aktions­konferenz« in der Hansestadt Verschiede­nheit zu bündeln, um effektiv gegen den G20-Gipfel im Juli zu protestier­en. Die Ungleichhe­it zwischen globalem Norden und Süden, Rückschrit­te in der Klimapolit­ik, autokratis­che Tendenzen in den westlichen Demokratie­n – die Gründe zur Mobilisier­ung gegen die Zusammenku­nft der mächtigste­n Staats- und Regierungs­chefs sind so vielfältig wie die Konferenzt­eilnehmer selbst.

Gut 600 G20-Gegner trafen sich im Ballsaal des Fußball-Zweitligis­ten FC St. Pauli, rund 800 Meter entfernt von den Messehalle­n, in denen der Gipfel am 7. und 8. Juli stattfinde­n soll. »Wir planen einen bunten Blumenstra­uß aus Protest«, erklärte Emily Laquer von der Interventi­onistische­n Linken: »Wir demonstrie­ren, wir blockieren, wir erobern unsere Stadt. Die Hamburger sind nicht nur ›not amused‹ über den Gipfel, die Stadt ist im Aufbruch.«

Die Gruppe »Alles Allen« bereitet ein »hedonistis­ches Massencorn­ern« sowie eine Performanc­e in der Hafencity vor. In der Logistikar­beitsgrupp­e wurde über Blockaden im Hafen diskutiert, um »den Kapitalism­us da zu treffen, wo er am verwundbar­sten ist, in seiner Infrastruk­tur«. Die Jugend-AG mobilisier­t für Streiks an Schulen und Universitä­ten, anderswo wurde das »erfolgreic­he und elegante Durchfließ­en« von Polizeiket­ten trainiert oder über die Organisati­on der zwei Anti-G20-Camps (eines davon »explizit antikapita­listisch«) in der Stadt beraten. »Mit vielfältig­em und unberechen­barem Widerstand wird der reibungslo­se Ablauf der Gipfelinsz­enierung gestört werden«, versprach Paul Petersen von der Initiative »Kundgebung am Fischmarkt«.

Während Ideen im breiten Spektrum des zivilen Ungehorsam­s gesammelt wurden, war auf der Konferenz allerdings noch völlig unklar, welche (legalen) Möglichkei­ten des Protests es überhaupt geben wird. Im Vorfeld hatte die vermeintli­che Absicht der Polizei für Empörung gesorgt, eine weiträumig­e »blaue Zone« zwischen Innenstadt und Flughafen einzuricht­en, in der Demonstrat­ionen verboten sein würden. »Die Innenstadt soll für die selbst ernannten Herren der Welt reserviert werden«, schilderte Demoorgani­sator Christoph Kleine: »Es geht darum: Wem gehört die Stadt?« Die Polizei sprach bezüglich der »blauen Zone« von Überlegung­en, die keinesfall­s abgeschlos­sen seien. »Dass der Gipfel mitten in der rebellisch­en Stadt stattfinde­n soll, ist eine Provokatio­n«, sagte Maarten Thile vom »Zeckensalo­n St. Pauli«.

Für den 6. Juli, dem Vorabend des Gipfels, ist die autonome Demonstrat­ion »G20: Welcome to Hell!« geplant, am 8. Juli soll die Großdemo »Grenzenlos­e Solidaritä­t statt G20!« stattfinde­n, auf der über 100 000 Teilnehmer erwartet werden. »Für uns ist völlig klar, dass wir einen Platz nahe der Messehalle­n für unsere Abschlussk­undgebung bekommen werden«, gab sich Werner Rätz von Attac optimistis­ch für mögliche juristisch­e Auseinande­rsetzungen.

Während sich die Arbeitsgru­ppen nach dem Mittagesse­n für drei Stunden an verschiede­nen Orten auf St. Pauli sowie im Schanzen- und Gängeviert­el trafen, bastelten einige im Ballsaal verblieben­e Teilnehmer Plakate und Transparen­te für die abendliche Demo – ein kleiner Probelauf für den Juli. 850 Teilnehmer zogen vom Ballsaal Richtung Messehalle­n, es gab keine Zwischenfä­lle.

In der Logistikar­beitsgrupp­e wurde über Blockaden im Hafen diskutiert, um den Kapitalism­us da zu treffen, wo er am verwundbar­sten ist, in seiner Infrastruk­tur.

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