Willkürliche Anklage
Aktivisten des »March for Freedom« vor Gericht
Im Jahr 2014 fand in Luxemburg im Rahmen des »March for Freedom« eine Demo statt. Mehrere Asylrechtsaktivisten wurden festgenommen, gegen sechs läuft zurzeit ein Strafprozess. Drei der Aktivisten, die am 5. und 6. April vor einem luxemburgischen Gericht erscheinen mussten, stellten Anfang der Woche bei einer Pressekonferenz in Berlin ihre Sicht der Dinge dar. Die Anklage klingt grotesk: »Geplante bewaffnete Rebellion.« Die luxemburgische Polizei werfe ihnen vor, »die Protestkultur in das friedliche Luxemburg hineingetragen zu haben«, erläuterten die Aktivisten auf der Pressekonferenz.
Am Marsch hatten 2014 etwa hundert Geflüchtete und Aktivisten teilgenommen, um gegen das EU-Grenzregime zu protestieren. Sie überquerten sechs EU-Ländergrenzen und marschierten friedlich von Straßburg nach Brüssel. Am 5. Juli 2014 erreichten sie das luxemburgische Stadtviertel Kirchberg, wo gerade die EU-Innenminister tagten und Maßnahmen gegen Migration im Mittelmeer diskutierten. Dort kam es nach einem Polizeieinsatz zu mehreren Festnahmen, bei denen viele Demonstranten verletzt wurden. Mit dem Polizeieinsatz hatten die Demonstranten nicht gerechnet, so Rafael, einer der Angeklagten. Zuvor sei die Kommunikation mit der Polizei während des Marsches stets gut gewesen.
Junius, der als Geflüchtet beim Marsch dabei war und festgenommen wurde, zeigte sich von dem Ereignis »schockiert«. Weil Poli-
Die Anklage klingt grotesk: »Geplante bewaffnete Rebellion.«
zisten seinen Arm im Kommissariat so stark verdreht hatten, dass er bewusstlos geworden war, musste er ins Krankenhaus gebracht werden. Andere Verhaftete wurden nach eigenen Angaben auf der Polizeistation misshandelt und rassistisch sowie sexistisch beleidigt. Sexistisch habe sich die Polizei sogar vor Gericht während der Zeugenaussagen verhalten. »Es ist klar, dass wir die Opfer sind«, sagte Junius.
In seinem Plädoyer forderte der luxemburgische Staatsanwalt Haft- und Geldstrafen in Höhe von 18 Monaten und etwa 2000 Euro. Die geforderten Strafen seien »völlig pauschal und willkürlich«, kritisiert Felix, der auch auf der Anklagebank gesessen hat. Beim Prozess seien einige Anklagen nicht auf Personen zugeschnitten worden, lautet ein weiterer Vorwurf der Aktivisten. Ein anonymer Zeuge, der in der Anklageschrift erwähnt werde, sei nie vor Gericht aufgetreten. Außerdem zeige ein Video der Demonstration klar, dass »die Eskalation durch das Chaos der Polizei ausgelöst wurde«, fügte Felix auf der Pressekonferenz hinzu.
Beweise für die »Bewaffnung« hätten gefehlt. Statt echten Beweisen habe die Polizei mit »Spuren von Tränengas auf der Uniform eines Polizisten« aufgewartet. Bei den Demonstranten sei aber keine Gasdose gefunden worden.
Der Prozess sei ein Beispiel einer Repressionsstrategie, die auch andernorts Aktivisten und Menschenrechteorganisationen treffe. »Die Repression der Proteste gegen das Grenzregime ist auf europäischem Niveau organisiert«, erklärte ein Aktivist. Die Höhe der zu erwartenden Strafe sei noch unklar. Von einer solidarischen Öffentlichkeit wünschten sich die Betroffenen in erster Linie finanzielle Unterstützung, Spendenwillige könnten sich an die linke Solidaritätsorganisation Rote Hilfe wenden.