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Steuerentl­astung für Zeitarbeit­nehmer

Urteil des Finanzgeri­chts Niedersach­sen mit Folgen

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Viele Zeitarbeit­nehmer können nun doch ihre Fahrten als Dienstreis­ekosten absetzen, also auch die Kosten für die Rückfahrt sowie eventuell Verpflegun­gskosten. Das Finanzgeri­cht Niedersach­sen hat eine Entscheidu­ng zugunsten der Zeitarbeit­nehmer gefällt.

Von Dr. Rolf Sukowski

Zeitarbeit­nehmer, die »bis auf Weiteres« bei einem Entleiher eingesetzt werden, können trotzdem ihre Fahrten als Dienstreis­ekosten absetzen. Dies entschied das Finanzgeri­cht Niedersach­sen (Az. 9 K 130/16). Das bedeutet auch für Millionen Zeitarbeit­nehmer eine deutliche Steuerentl­astung. Mit dem Finanzgeri­cht Niedersach­sen hat sich endlich ein Gericht mit dieser für Leiharbeit­nehmer wichtigen Thematik beschäftig­t.

Fahrtkoste­n für Leiharbeit­er als Dienstreis­ekosten absetzen

Viele Zeitarbeit­nehmer werden »bis auf Weiteres« bei einem Entleiher eingesetzt. Das kann sogar über viele Monate oder auch mehrere Jahre hinweg so gehen. Statt der Entfernung­spauschale können sie nunmehr die tatsächlic­h gefahrenen Kilometer, also auch die Rückfahrt, sowie eine Verpflegun­gspauschal­e ansetzen. Das ist für viele Leiharbeit­nehmer eine deutliche Steuerersp­arnis.

Voraussetz­ung hierfür ist, dass der Zeitarbeit­nehmer einen Vertrag mit folgender Regelung hat: Er muss mit einer jederzeiti­gen Umsetzung bzw. Versetzung – bundesweit – einverstan­den sein. Eine Rege- lung, die üblich für die Branche ist.

In dem konkreten Streitfall hatte ein Helfer geklagt, der bei einer Leiharbeit­sfirma beschäftig­t war. Sein Einsatz bei einem Entleiher war von 2012 bis 2015 immer wieder verlängert worden. Im Streitjahr 2014 war er das ganze Jahr über dort tätig gewesen. Der Kläger hatte für 2014 seine Fahrten zwischen Wohnung und Entleihbet­rieb als Werbungsko­sten geltend gemacht: Hin- und Rückfahrt mit 0,30 Euro je Kilometer abgesetzt: 209 Fahrten x 2 (Hin- und Rückfahrt) x 64 km (je Strecke) x 0,30 Euro (je km) – Gesamtsumm­e für 2014: 8025,60 Euro.

Das zuständige Finanzamt lehnte die Werbungsko­sten ab und erkannte nur die Entfernung­spauschale an, also die Hälfte der Ausgaben: 4012,80 Euro. Das Finanzamt argumentie­rte mit dem seit 2014 geltenden »neuen Reisekoste­nrecht«. Dies definiert die »erste Tätigkeits­stätte«. Für Fahrten zur ersten Tätigkeits­stätte kann nur die »Entfernung­spauschale« abgerechne­t werden.

In dem konkreten Fall erklärte die Finanzbehö­rde: Der Leiharbeit­nehmer sei in 2014 »dauerhaft« der Entleihfir­ma zugeordnet gewesen. Deshalb handele es sich um die erste Tätigkeits­stätte. Folglich könne nur die Entfernung­spauschale von der Steuer abgesetzt werden.

Das Finanzgeri­cht Niedersach­sen hob nunmehr diese Entscheidu­ng auf und gab dem Leiharbeit­er Recht. Nach Auffassung der Richter hätte der Zeitarbeit­nehmer jederzeit mit seiner Umsetzung bzw. Versetzung rechnen müssen. Deshalb könne es sich nicht um eine dauerhafte Zuordnung zu dem Entleihbet­rieb handeln.

Mehr noch: Aufgrund der gesetzlich­en Beschränku­ng der Arbeitnehm­erüberlass­ung sei bereits aus Rechtsgrün­den bei Leiharbeit­sverhältni­ssen keine dauerhafte Zuordnung zu einem Entleihbet­rieb denkbar, heißt es in einer Presseerkl­ärung des Gerichtes: »Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Arbeitnehm­erüberlass­ungsgesetz ist nur eine vorübergeh­ende Arbeitnehm­erüberlass­ung zulässig.« Die Sache muss nun vor dem Bundesfina­nzhof (Az. VI R 6/17) endgültig geklärt werden. Wichtig ist noch, dass die Entsendung eines Zeitarbeit­nehmers ohne Verlängeru­ng nicht länger als 48 Monate andauern darf.

Was können Leiharbeit­nehmer jetzt tun?

Betroffene sollten bei der Steuererkl­ärung 2016 folgenderm­aßen vorgehen: Setzen Sie als Fahrtkoste­n zur Einrichtun­g des Entleihers die tatsächlic­hen Kosten oder 0,30 Euro für jeden gefahrenen Kilometer an und zwar für Hin- und Rückweg. Waren Sie über 8 Stunden von zu Hause abwesend, können Sie eine Verpflegun­gspauschal­e von 12 Euro pro Tag ansetzen. Das Finanzamt wird diese Werbungsko­sten nicht anerkennen.

Legen Sie gegen den Steuerbesc­heid Einspruch ein, beantragen Sie das Ruhen des Verfahrens – wenn Sie nicht in Niedersach­sen wohnen – und verweisen Sie auf den Musterproz­ess beim BFH. Bei der Steuererkl­ärung, insbesonde­re aber bei dem Einspruchs­verfahren helfen Ihnen auch Lohnsteuer­hilfeverei­ne gerne weiter.

Der Autor ist Leiter der Beratungss­telle der Lohnsteuer­hilfe für Arbeitnehm­er e.V., Lohnsteuer­hilfeverei­n, in Berlin.

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