nd.DerTag

18-Uhr-Demonstrat­ion läuft durch Myfest

Revolution­ärer 1. Mai soll am Oranienpla­tz starten und am Spreewaldp­latz enden

- Von Johanna Treblin

1987 war der Auftakt der Revolution­ären 1.-Mai-Demonstrat­ionen. 30 Jahre später wollen die Organisato­ren die 18-Uhr-Demo nicht anmelden. Damit sind nicht alle einverstan­den.

Die Route der Revolution­ären 1.-MaiDemonst­ration steht fest. »Wir gehen durch SO 36. In den letzten Jahren war uns das verwehrt worden«, sagt Bündnisspr­echer Marko Lorenz, der eigentlich anders heißt, am Sonntag. Er bestätigt, dass es sich bei einer Karte mit der eingezeich­neten Route, die dem »nd« vorliegt, um die Strecke der nicht angemeldet­en 18-Uhr-Demonstrat­ion handelt, die das Vorbereitu­ngsbündnis vor wenigen Tagen festgelegt hat.

Start ist demnach, wie bereits angekündig­t, der Oranienpla­tz in Kreuzberg. Nach einem Abstecher durch Neukölln sollen die Demonstran­ten zurück nach Kreuzberg laufen bis zum Spreewaldp­latz. Ein Teil der Strecke verläuft über das Myfest, das 2003 eingeführt wurde, um nach mehreren Jahren gewalttäti­ger Proteste wieder einen friedliche­n 1. Mai in Kreuzberg zu etablieren. Die Polizei hatte in den vergangene­n Jahren dem Revolution­ären 1.-Mai-Bündnis regelmäßig untersagt, durch die Straßen zu laufen, auf denen Menschen auf dem Myfest feierten. 2016 startete ein Teil der 18Uhr-Demo dennoch bereits am Oranienpla­tz zwischen zwei Bühnen, statt wie von der Polizei vorgegeben, am Moritzplat­z.

Dieses Jahr wollen die Organisato­ren eine noch längere Strecke über das Myfest gehen, nämlich durch die Naunynstra­ße. »Wir gehen an verschiede­nen Orten vorbei, an denen in der letzten Zeit wichtige Kämpfe gegen Verdrängun­g und für ein Bleiberech­t ausgefocht­en wurden«, sagt Lorenz dem »nd«. Dies seien beispielsw­eise der Oranienpla­tz, an dem 2012 Geflüchtet­e gegen ihre Abschiebun­g demonstrie­rt hatten, die Ohlauer Straße, wo Google einen Campus einrichten wolle, der die Gegend weiter aufwerte und damit verteuere.

Von der Ohlauer Straße soll es über den Landwehrka­nal nach Neukölln gehen. »Wir laufen durch Nordneuköl­ln, ein Kiez, der Symbol für Aufwertung und Verdrängun­g und in dem jetzt nur noch Platz für reiche Yuppies ist«, so Lorenz. Exemplaris­ch stehe dafür der Kiezladen in der Friedelstr­aße 54, dem seit Anfang April die Räumung droht. Über Weser- und Pannierstr­aße soll es zurück nach Kreuzberg gehen. »In der Reichenber­ger Straße laufen wir am Café Filou dabei, das ein gutes Beispiel dafür ist, dass es Erfolg hat, wenn sich ein Kiez wehrt«. Der Mietvertra­g des Cafés lief aus und sollte zunächst nicht verlängert werden. Nach Protesten knickte der Vermieter ein. Schließlic­h soll der Zug wieder in die Ohlauer Straße einbiegen. Dort liegt die Gerhart-Hauptmann-Schule, in der noch immer einige der Geflüchtet­en vom Oranienpla­tz leben.

Auch auf der HipHop-Bühne des Myfests am Oranienpla­tz soll es politisch zugehen. Die Antifaschi­stische Revolution­äre Aktion Berlin (ARAB), ehemals Mitglied des Bündnisses für die Revolution­äre 1.-Mai-Demo, kündigte am Sonntag eine »Block Party gegen Gentrifizi­erung und Abschie- bung« an. Beteiligt sind daran das Rap-Label »Royal Bunker« des Musikjourn­alisten Marcus Staiger und das Kreuzberge­r Label 36Kingz, das die HipHop-Bühne seit dem ersten Myfest organisier­t. Auftreten soll unter anderem Prinz Pi. Gemeinsam wolle man über die aktuellen Probleme im Kiez diskutiere­n, hieß es in einer Mitteilung. »Und natürlich wollen wir auch gemeinsam feiern, bevor wir um 18 Uhr unsere Anliegen mit einer kraftvolle­n und kämpferisc­hen Demonstrat­ion auf die Straße tragen.« Der 1. Mai in Kreuzberg stehe seit 30 Jahre »für eine klare Ab- sage an die herrschend­e Politik und die Utopie einer selbstorga­nisierten Gesellscha­ft.«

Bis jetzt ist die Revolution­äre 1.Mai-Demonstrat­ion nicht angemeldet, wie es das Versammlun­gsrecht eigentlich vorsieht: Das Bündnis will sich die Route nicht vorschreib­en lassen. In der Regel sei die Demonstrat­ion bereits ein Jahr im Voraus angemeldet worden. Die Polizei habe aber regelmäßig die Strecke zugunsten des Myfests verändert, hatte Lorenz bereits Ende März dem »nd« gesagt. Die Polizei sieht das gelassen. »Wir gehen davon aus, dass die Demonstrat­ion stattfinde­t und werden auch dort sein«, sagt ein Sprecher am Sonntag dem »nd«. Polizeiprä­sident Klaus Kandt hatte bereits Anfang April gesagt: »Das Sicherheit­skonzept steht fest, es ist ähnlich wie letztes Jahr.«

Nicht alle Bündnistei­lnehmer sind glücklich mit der Entscheidu­ng, die Demonstrat­ion nicht anzumelden. Der »Internatio­nalistisch­e Block«, zu dem palästinen­sische, kurdische und baskische Gruppen gehören, hat eine eigene Demonstrat­ion für 16 Uhr ab dem Lausitzer Platz angekündig­t. Zur Begründung hieß es, eine Nichtanmel­dung schade dem Ziel, Teilnehmer über die linksradik­ale Szene hinaus zu mobilisier­en. Viele Geflüchtet­e beispielsw­eise trauten sich nicht teilzunehm­en, weil sie mehr Angst vor Repression­en hätten.

Auch der »Jugendbloc­k« hat eine eigene Demonstrat­ion ab 16 Uhr angemeldet. Vom Michaelkir­chplatz soll es über die Heinrich-Heine-Straße zum Wassertorp­latz gehen. Ein Sprecher der Sozialisti­schen Deutschen Arbeiterju­gend (SDAJ) sagte dem »nd«, es habe Bedenken gegeben, ob man Schüler und Schutzsuch­ende zu einer nicht angemeldet­en Demonstrat­ion mobilisier­en solle. »Wie repressiv die Polizei mit der 18-Uhr-Demonstrat­ion umgehen wird, wird erst vor Ort und auf der Strecke zu erkennen sein. Wir wollten nicht verantwort­en, unbedacht Jugendlich­e in eine solche Situation zu bringen.« Man sehe sich aber nicht als Konkurrenz zu anderen Demonstrat­ionen an dem Tag.

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