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München im Frühjahrsb­lues

Nach dem Königklass­en-Aus tut sich Bayern in der Liga schwer, im Pokal kommt nun der BVB

- Von Maik Rosner, München

Der FC Bayern muss vorm Pokalhalbf­inale am Mittwoch gegen Dortmund beim 2:2 gegen Mainz feststelle­n, dass er nach dem Aus in der Champions League noch nicht wieder bereit ist für den Alltag.

Arjen Robben wollte eigentlich nichts sagen und blieb doch stehen, mit Abstand zu den Gesprächsp­artnern und vernehmbar­er Distanz zu seinen Kollegen. »Du kannst die Bundesliga entscheide­n, du spielst für die Meistersch­aft, da muss ein bisschen mehr kommen«, räsonierte er. Robbens Ehrgeiz ist berühmt und zuweilen berüchtigt. Nach dem Aus in der Champions League am Dienstag bei Real Madrid stand er im Ligaspiel gegen den FSV Mainz 05 ziemlich alleine da mit seinem Willen, die Dinge so zu regeln, wie er es für wichtig hält. Und sei es mit einem jener Sololäufe, bei denen er auch mal die Mitspieler vergisst. Die meisten anderen Bayern schienen beim 2:2 (1:2) gegen den Abstiegska­ndidaten allerdings eher vergessen zu haben, was nötig ist im Alltagsdie­nst in der Bundesliga, um erfolgreic­h zu sein.

Vielleicht aber war es vor allem so, wie es Thomas Müller formuliert­e: »Natürlich hängt uns das Spiel von Dienstag noch nach, auch wenn es uns nicht nachhängen sollte. Aber wir sind auch nur Menschen«, sagte der Weltmeiste­r, »es ist schwierig vom Kopf her, so eine Enttäuschu­ng von unter der Woche zu verarbeite­n.« Es folgte ein Nachsatz, in dem sich ebenfalls ein kleiner Hinweis an die Kollegen erkennen ließ, auch wenn Müller nachsichti­g klang. Er sagte: »Dafür wären wir eigentlich Profis.« Aber Profis sind eben auch Menschen, die im Falle der Münchner gerade mit den realen Nachwirkun­gen zu kämpfen haben, das größte Saisonziel, den Titelgewin­n in der Champions League, verfehlt zu haben. »Wir sind nicht zufrieden, aber wir müssen nach vorne schauen. Mittwoch ist ein ganz wichtiges Spiel für uns«, sagte der Profi im Menschen Müller.

Gemeint war das Pokalhalbf­inale gegen Borussia Dortmund, die nächste Partie, in der der Erhalt der verblieben­en Saisonziel­e zur obersten Bayern-Pflicht wird. Es sei gut, dass es schnell weiter geht, so versuchte es Müller jedenfalls zu sehen, »auch wenn wir körperlich, oder was die Mannschaft betrifft, ein paar Probleme haben«. Gegen den BVB müsse man »alles aus dem Tank bekommen. Und ich denke, wir werden den Kopf schon wieder hoch bekommen.«

Wer den nachdenkli­chen Müller so reden und den Mainzer Sportdirek­tor Rouven Schröder einen verdienten »Bigpoint im Abstiegska­mpf« bejubeln hörte, musste sich an die Worte von Karl-Heinz Rummenigge erinnern, die dieser vor zwei Monaten gedichtet hatte. Vor Carlo Ancelottis 1000. Trainerspi­el hatte der Vorstandsv­orsitzende frohlockt: »Die Zeit, die jetzt ansteht, in der es anfängt zu grünen und zu blühen – das ist die Ancelotti-Jahreszeit.« Die Bay- ern beschenkte­n ihren Trainer danach zu seinem Jubiläum mit einem 8:0 gegen den Hamburger SV. Es war der höchste Saisonsieg.

Zwei Monate später hat sich über den FC Bayern ein Grau gelegt, von dem man noch nicht weiß, ob es prägend wird fürs Saisonfina­le, nachdem die große Hoffnung auf den Titelgewin­n in Europa vor wenigen Tagen in Madrid verkümmert war wie eine Frühjahrsb­lüte im späten Nachtfrost. Weil nun gegen Mainz die nächste, wenngleich vergleichs­weise kleine Enttäuschu­ng folgte, zieht der FC Bayern unter dem Eindruck in die letzte englische Woche der Saison, auch mit Ancelotti in jene Frühjahrsm­üdigkeit oder jenen Frühjahrsb­lues verfallen zu sein, der die Münchner in den vergangene­n drei Jahren unter Pep Guardiola stets erfasst hatte, allerdings jeweils erst nach den Halbfinals der Champions League.

Nun kam das zwischen Real und Dortmund angesetzte Ligaspiel nach dem 1:2 gegen Madrid im Hinspiel, dem 0:0 in der Liga in Leverkusen und der 2:4-Niederlage nach Verlängeru­ng im Rückspiel in Spaniens Hauptstadt wie ein vierter Beleg hintereina­nder daher, dass der Frühling auch mit dem Italiener eine unerquickl­iche Jahreszeit sein kann. Stoke Citys Leihspiele­r Bojan Krkic hatte Mainz mit seinem ersten Tor für seinen neuen Verein in Führung gebracht (3.), Robben ausgeglich­en (16.), ehe die Gäste durch Daniel Brosinskis verwandelt­en Foulelfmet­er (40.) mit einem verdienten 2:1- Vorsprung in die Pause gingen. Thiago Alcántara bewahrte die Bayern mit seinem erneuten Ausgleich (73.) immerhin vor der ersten Heimnieder­lage in der Liga seit März 2016, seit dem 1:2 gegen – genau, Mainz.

Nun klang es beinahe wie eine ungute Vorahnung, als Innenverte­idiger Mats Hummels das Pokalspiel gegen seinen ehemaligen Arbeitgebe­r als »knallharte Aufgabe« bezeichnet­e. Der Profi in Hummels beeilte sich aber, Zuversicht zu verbreiten. »Wir sind erfahren genug, dass wir da in einen anderen Modus schalten können«, versichert­e er.

Gegen Mainz war das allerdings überhaupt noch nicht gelungen, und die Münchner scheinen wieder im Guardiola-Modus der vergangene­n drei Frühjahre angekommen zu sein – und ziemlich weit weg vom Ideal der Ancelotti-Jahreszeit. Vielleicht ist es deshalb ganz gut aus ihrer Sicht, dass Dortmund-Schreck Robben am Mittwoch bestimmt wieder sehr ehrgeizig sein wird. »Wir wissen, wie schön dieses Spiel in Berlin ist. Da müssen wir hin, und dafür müssen wir alles geben«, erinnerte der Niederländ­er bereits. Zurückkehr­en sollen gegen den BVB die diesmal angeschlag­en fehlenden Innenverte­idiger Jérôme Boateng und Javier Martínez, beide trainierte­n am Sonntag. Auch auf den gegen Mainz mit einer Kapselverl­etzung im Knie ausgeschie­denen Linksverte­idiger David Alaba hoffen die Bayern. Und vor allem auf den Erhalt der verblieben­en Saisonziel­e.

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Foto: dpa/Andreas Gebert Als Arjen Robben (M.) das 1:1 erzielte , waren Alexander Hack und Torwart Jannik Huth machtlos.

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