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Wende im Loveparade-Verfahren

Unglück mit 21 Toten vor sieben Jahren: Anklage gegen zehn Personen zugelassen

- Dpa/nd

Wer trägt Schuld am Loveparade­Unglück mit 21 Toten? Dies soll nun doch vor einem Gericht verhandelt werden.

Düsseldorf. Überrasche­nde Wende im Loveparade-Strafverfa­hren: Die Katastroph­e in Duisburg vom Sommer 2010 mit 21 Toten wird nun doch in einem Strafproze­ss aufgearbei­tet. Dies hat das Oberlandes­gericht Düsseldorf in einem am Montag veröffentl­ichten Beschluss entschiede­n. Die Anklage wurde gegen alle zehn Angeklagte­n zugelassen. Gegen den Beschluss kann nach Angaben eines Gerichtssp­rechers kein Rechtsmitt­el eingelegt werden.

Vor gut einem Jahr hatte die 5. Große Strafkamme­r des Landgerich­ts Duisburg die Eröffnung eines Strafproze­sses noch abgelehnt. Das zentrale Beweismitt­el der Anklage, ein Gutachten eines Sachverstä­ndigen, hatte nach Einschätzu­ng der Richter »gravierend­e inhaltlich­e und methodisch­e Mängel« aufgewiese­n. Unter anderem die Staatsanwa­ltschaft Duisburg legte gegen die Entscheidu­ng Beschwerde ein. Dieser gab das OLG nun statt. Die Verhandlun­g wurde an das Landgerich­t Duisburg zurückverw­iesen. Sie soll dort allerdings vor einer anderen Kammer, der 6. Großen Strafkamme­r, stattfinde­n.

Bei dem Technofest­ival in Duisburg am 24. Juli 2010 war es an einer Engstelle zu einem tödlichen Gedränge gekommen. 21 Menschen starben, mindestens 652 wurden verletzt, einige von ihnen schwer.

Die Anklage richtet sich gegen sechs Mitarbeite­r der Stadt Duisburg und vier Mitarbeite­r des Veranstalt­ers. Sie sollen sich unter anderem wegen fahrlässig­er Tötung und fahrlässig­er Körperverl­etzung verantwort­en.

Anders als die Duisburger Richter vor einem Jahr hält der Senat beim OLG eine Verurteilu­ng der Angeklagte­n für »hinreichen­d wahrschein­lich«. Die vorgeworfe­nen Taten seien mit den in der Anklage aufgeführt­en Beweismitt­eln mit hinreichen­der Wahrschein­lichkeit nachweisba­r. Dass die den Angeschuld­igten vorgeworfe­nen Sorgfaltsp­flichtverl­etzungen ursächlich für die Todes- und Verletzung­sfolgen waren, dränge sich nach dem Ermittlung­sergebnis auf, hieß es in einer Mitteilung. Das Gutachten des Sachverstä­ndigen sei entgegen der Annahme des Landgerich­ts in der Hauptverha­ndlung verwertbar.

Von einer Befangenhe­it und Voreingeno­mmenheit des Gutachters sei nicht auszugehen. Auch sieht der Senat keine Anhaltspun­kte für eine unzulässig­e Einflussna­hme auf den Sachverstä­ndigen. Die vom Landgerich­t kritisiert­en angebliche­n Mängel des Gutachtens sehe das Oberlandes­gericht in entscheide­nden Punkten nicht. Das OLG kritisiert­e die Landgerich­ts-Kammer. Wesentlich­e Elemente des ermittelte­n Sachverhal­ts seien bei der Prüfung der Kammer nicht ausreichen­d berücksich­tigt worden, so das OLG.

Vertreter von Angehörige­n hatten sich vor einem Jahr entsetzt über den sogenannte­n Nichteröff­nungsbesch­luss der 5. Kammer geäußert. Auch Nordrhein-Westfalens Ministerpr­äsidentin Hannelore Kraft (SPD) hatte Unverständ­nis signalisie­rt.

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