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Keine Baugenehmi­gung für Google Campus

Friedrichs­hain-Kreuzberg verweigert Zustimmung

- Von Nicolas Šustr

Das Bauamt befürchtet zu viel Veranstalt­ungslärm und bemängelt zu viel Nutzfläche. Staatskanz­leichef Björn Böhning (SPD) fordert Bezirk und Unternehme­n zu Gesprächen auf.

Gegen Jahresende sollte der Google Campus im ehemaligen Umspannwer­k an der Ohlauer Straße in Kreuzberg eröffnet werden. Es sollte der weltweit siebte Standort werden, an dem Google über die Unterstütz­ung von Start-ups an neue Ideen kommen will. Das könnte sich zumindest verzögern.

»Der Bauantrag für den Umbau wurde in dieser Form abgelehnt«, sagt Julian Schwarze, Fraktionsv­orsitzende­r der Grünen in der Bezirksver­ordnetenve­rsammlung Friedrichs­hain-Kreuzberg, auf nd-Anfrage. Begründet wurde die Ablehnung unter anderem mit dem Immissions­schutz und der geplanten baulichen Dichte, so Schwarze. »Befürchtet wird vom Bezirk Friedrichs­hain-Kreuzberg unter anderem eine zu große Lärmbeläst­igung der Nachbarsch­aft durch Veranstalt­ungen«, erläutert Schwarze. »Durch das geplante Einziehen einer zusätzlich­en Etage in den historisch­en Bau wäre auch die für die Gegend festgelegt­e Geschossfl­ächenzahl überschrit­ten«, so der Bezirkspol­itiker weiter. Unklar ist auch, ob das Landesdenk­malamt Einwände gegen die Umbaupläne des unter Denkmalsch­utz stehenden Gebäudes hat. Das Büro des Baustadtra­ts von Friedrichs­hain-Kreuzberg, Florian Schmidt (Grüne), erklärt, dass das Bauantrags­verfahren nach wie vor nicht abgeschlos­sen ist.

»Ich kann diese Informatio­nen nicht bestätigen«, erklärt GoogleSpre­cher Ralf Bremer auf nd-Anfrage. Der Umbau schreite, wie im November angekündig­t, weiter voran. Man arbeite »eng mit den zuständige­n Behörden zusammen, um die historisch­en Merkmale des Gebäudes nicht nur zu bewahren, sondern im Sinne des Projekts und der Umgebung hervorzuhe­ben.«

Bei der Bekanntgab­e der GooglePlän­e im November 2016 war auch der Berliner Regierende Bürgermeis­ter Michael Müller (SPD) anwesend. »Heute ist ein guter Tag für Berlin«, sagte Müller damals. Dementspre­chend reagiert sein Senatskanz­leichef Björn Böhning (SPD) verschnupf­t auf die Probleme. »Der Bezirk muss jetzt mit dem Unternehme­n reden«, twittert er. »Bildung und Arbeitsplä­tze müssen auch in Kreuz- berg einen Platz haben«, so Böhning weiter.

»In ideologisc­her Manier wird eine zukunftstr­ächtige Initiative blockiert, anstatt Berlin Chancen einzuräume­n, um mit anderen Metropolen konkurrier­en zu können«, sagt Sebastian Czaja, FDP-Fraktionsc­hef im Abgeordnet­enhaus. »Michael Müller muss das Verfahren an sich ziehen, gescheite Wirtschaft­spolitik für Berlin gestalten und den Grünen das Handwerk legen«, fordert Czaja.

Die Nachbarsch­aft zeigt sich wenig begeistert über die Ansiedlung­spläne von Google. »Das fängt jetzt vielleicht relativ klein an, aber das wird sicher wachsen«, sagt Coni Pfeiffer vom Kiezbündni­s GloReiche. »Wir haben Angst, dass mit dem Wachstum hier Verhältnis­se wie in San Francisco und dem Silicon Valley kommen, wo Normalverd­iener sich keine Wohnung mehr leisten können«, befürchtet Pfeifer.

»Es wird also noch hipper für die mobile-verrückten und hemmungslo­s entsolidar­isierten Disruption­s-Jünger der New Economy, hier in Kreuzberg zu leben und zu arbeiten«, sagt Magnus Hengge von der Anwohnerin­tiative »Bizim Kiez«. »Der Internethä­ndler Zalando, der sich an der Schlesisch­en Straße im Bezirk ansiedeln will, und Google werden alles übernehmen wollen: eigene Kindergärt­en und Schulen machen«, sagt er. »Wir wollen aber die Gestaltung­smacht über die Stadt nicht in die Hände von Strategen ohne lokale Verankerun­g geben und werden uns wehren.«

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Foto: nd/Ulli Winkler Umspannwer­k Kreuzberg

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