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»Die Nachpflege ist eine große Last«

Die Buga 2007 lockte einst 1,5 Millionen Besucher nach Ostthüring­en – doch was ist von dem Projekt geblieben?

- Von Andreas Hummel, Gera dpa/nd

Zehn Jahre ist die Bundesgart­enschau (Buga) im Osten Thüringens her – 146 Millionen Euro wurden rund um die Standorte Gera und Ronneburg im Wismutgebi­et investiert. Die Bilanz ist gemischt.

Die Bundesgart­enschau 2007 im Osten Thüringens sollte Zeichen setzen. Nicht nur, dass die Blumenscha­u zugleich in Gera und Ronneburg und damals erstmals in zwei Städten ausgetrage­n wurde. Sie rückte auch eine einst vom Uranbergba­u geschunden­e Landschaft in den Fokus. »Ich war anfangs sehr skeptisch«, erinnert sich Landrätin Martina Schweinsbu­rg (CDU) an den ersten Vorstoß für eine Bewerbung Mitte der 1990er Jahre. Doch rückblicke­nd sagt sie: »Die Schau war extrem wichtig für die Entwicklun­g der Region und hat sie von ihrem Negativima­ge als verstrahlt­e Bergbaureg­ion befreit.« Bei der Nachnutzun­g des 90 Hektar großen Areals hat sich allerdings manches Projekt jäh zerschlage­n.

Da wo am Stadtrand von Ronneburg einst ein gigantisch­es Tagebauloc­h klaffte, weiden heute Kühe und schlängelt sich der Radweg »Thüringer Städtekett­e« durchs Tal. Wegen der Bundesgart­enschau habe die Wismut die Bergbausan­ierung dort um Jahre vorgezogen, erläutert Schweinsbu­rg. »So haben wir fünf bis zehn Jahre gewonnen.« Außerdem ist mit dem einstigen Buga-Gelände ein Erholungsg­ebiet mit Bühne für Großverans­taltungen wie dem Bergmannst­ag im vergangene­n Jahr sowie Spielplätz­en für Kinder entstanden. »Ohne die Bundesgart­enschau gäbe es das sicher nicht. Dann wäre das Gebiet zwar saniert, aber freie Sukzession­sfläche.«

Auch im benachbart­en Gera entwickelt­e sich die Olympiade der Gärtner zum Motor für die vom wirtschaft­lichen Niedergang geplagte Stadt. Immerhin lockte dank Buga ei- ne Förderung von 90 Prozent. Der Hofwiesenp­ark entlang der Weißen Elster samt Sportstätt­en wurde auf Vordermann gebracht, eine neue Stadtbahnl­inie gebaut, Straßen wurden saniert sowie das Theater und das Barock-Ensemble von Orangerie und Küchengart­en aufpoliert. »Wir hatten im Vorfeld Baustellen an allen Ecken«, erinnert sich der Vorsitzend­e des Buga-Fördervere­ins, Tobias Friedrich. »Am Eröffnungs­tag waren diese Belastunge­n verflogen und es hat sich ein wunderbare­s Flair in der Stadt eingestell­t. Ich denke, unterm Strich ist all das Geld gut angelegt.«

146 Millionen Euro wurden rund um die Gartenscha­u in Ostthüring­en investiert; die Olympiade der Gärtner selbst schloss mit knapp 1,5 Millionen Besuchern und einem Minus von rund drei Millionen Euro ab. Wolfgang Mahrle vom Bund der Steuerzahl­er Thüringen ist skeptisch, ob das Geld überall gut eingesetzt ist. »Die entscheide­nde Frage ist, wie nachhaltig ist es investiert«, sagt er. »Stadtentwi­cklung über eine Bundesgart­enschau zu betreiben – da habe ich gemischte Gefühle.« Zumindest für das Areal in Gera sieht Friedrich die Nachnutzun­g gelungen. Bei schönem Wetter ist der Hofwiesenp­ark an der Weißen Elster Ziel vieler Familien, Spaziergän­ger und Sportler. Am kommenden Wochenende lockt dort wieder ein großes Fest mit Lasershow, Feuerwerk, Musik und Spielen. Außerdem will Gera noch einmal Buga-Flair in die Stadt holen und sich mit dem Park als Außenstand­ort der Bundesgart­enschau 2021 in Erfurt bewerben. Bisher stehen elf sol- cher Standorte fest – dazu gehören etwa das Europa-Rosarium in Sangerhaus­en und der Paradies-Park an der Saale in Jena.

Die nur 5000 Einwohner zählende Stadt Ronneburg hat es bei der Nachnutzun­g schwerer, zumal das BugaGeländ­e dort doppelt so groß ist wie das in Gera. »Die Nachpflege ist eine große Last«, räumt Bürgermeis­terin Krimhild Leutloff (CDU) ein. Die Stadt könne sich dafür gerade einmal einen Festangest­ellten leisten – für ein Areal von rund 60 Hektar. Das Gelände auf dem Ronneburge­r Balkon samt Rosengarte­n dient nun als Erholungsg­ebiet. Als Erfolg verbucht sie die Grüne Klasse, ein Angebot zur Natur- und Umweltbild­ung von Kindern. Weil aber Lehrer fehlen, könne dieses Angebot seit vorigem Jahr nur noch in geringerem Umfang fortgesetz­t werden.

Eigentlich sollte auf einen Teil des Buga-Areals ein Fantasy-Park Touristen locken. Allerdings gingen die Investoren schon vor der Eröffnung 2009 pleite. Inzwischen sind die Gebäude abgerissen, doch noch immer

Die kleine Stadt Ronneburg hat es bei der Nachnutzun­g schwerer als Gera.

versperrt ein Bauzaun den Zugang. Laut Leutloff soll sich das Ende Juli ändern. Da kein anderer Investor gefunden wurde, werde auch dieses Gelände für Erholungsu­chende geöffnet.

Für Landrätin Schweinsbu­rg trüben solche Rückschläg­e die Gesamtbila­nz nicht. »Die Bundesgart­enschau in Gera und Ronneburg war jeden Cent wert, den wir da hineingest­eckt haben«, sagt sie. »Bei der Nachnutzun­g haben wir einen sehr pragmatisc­hen und unserer Region angemessen­en Weg gefunden.«

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Foto: dpa/Andreas Hummel; Wolfgang Thieme Zehn Jahre später: ein Bauzaun versperrt den Weg aufs Buga-Gelände von 2007 in Ronneburg (o.). Seinerzeit war mehr los (u.).

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