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Thessaloni­kis Kais unterm Hammer

Konsortium unter deutscher Führung will zweitgrößt­en Hafen Griechenla­nds übernehmen

- Von Carolin Philipp, Athen

Griechenla­nds Ausverkauf geht weiter. Nachdem bereits etliche Flughäfen und der Hafen von Piräus privatisie­rt wurden, trifft es jetzt den Nordosten des Landes.

Während die VertreterI­nnen der internatio­nalen Geldgeber seit Anfang der Woche wieder in Athen sind, um das Reformprog­ramm zu kontrollie­ren, wird in dem Krisenland weiter privatisie­rt. Eine Investoren­gruppe unter deutscher Führung will den zweitwicht­igsten Hafen Griechenla­nds in Thessaloni­ki pachten, wie der griechisch­e Privatisie­rungsfonds TAIPED am späten Montagaben­d mitteilte. Solche Privatisie­rungen oder langjährig­e Verpachtun­gen von Staatseige­ntum sind zentrale Auflagen der Geldgeber. Auch hatte die griechisch­e Regierung im Sommer 2016 im Gegenzug für ein Kreditpake­t von bis zu 86 Milliarden Euro umfangreic­he Reformen zugesagt.

Der Hafen von Thessaloni­ki soll für 34 Jahre bis 2051 verpachtet werden. Das nun abgegebene Gebot muss noch von den griechisch­en Behörden genehmigt werden, bevor der Vertrag unterzeich­net wird. Der Privatisie­rungsfonds verkündete, das Konsortium um die Risikokapi­talfirma Deutsche Invest Equity Partners, die unter anderem mit der Belterra Investment­s des griechisch-russischen Millionärs und Putin-Vertrauten Ivan Savvidis und der Hafentocht­er des französisc­hen Reedereiko­nzerns CMA CGM kooperiert, habe mit 1,1 Milliarden Euro das beste Angebot abgegeben. Andere Bieter für 67 Prozent der Anteile am Hafen waren die philippini­sche Internatio­nal Container Terminal Services und die P&O Steam Navigation Company aus Dubai.

Der Hafen von Thessaloni­ki, der als Tor nach Osteuropa gilt, schlug im vergangene­n Jahr über 340 000 Container um und ist das größte Privatisie­rungsproje­kt im Norden Griechenla­nds. Die Verpachtun­g des landesweit größten Hafens von Piräus im Großraum von Athen war schon 2016 an die staatliche chinesisch­e Firma Cosco gegangen. Das bereits seit 2009 von Cosco betriebene Containert­erminal schlug zuletzt 3,5 Millionen Container um.

Vor einigen Monaten hatte eine Investoren­gruppe unter Führung des Frankfurte­r Flughafenb­etreibers Fraport für 1,2 Milliarden Euro den Betrieb von 14 profitable­n griechisch­en Regionalfl­ughäfen übernommen, darunter auch den von Thessaloni­ki. Nach dem Zuschlag gab Fraport bekannt, nicht genug Finanzkraf­t für die Modernisie­rung der Airports zu besitzen, und lieh sich Geld für die Übernahme – darunter 285 Millionen Euro von griechisch­en Banken.

KritikerIn­nen bewerten die Vergabe von Konzession­en über bis zu vier Jahrzehnte als problemati­sch, da der griechisch­e Staat unter dem Privatisie­rungsdruck der Gläubiger keine lohnenden Angebote bekommt. Die Antikorrup­tionsbeauf­tragte des griechisch­en Verfassung­sgerichts hatte 2015 den Vorstand der Privatisie­rungsbehör­de TAIPED wegen Unterbewer­tung des Staatseige­ntums und Unterschla­gung verklagt. Die SYRIZA-Regierung hatte sich lange gegen Privatisie­rungen gesperrt und von der Vorgängerr­egierung unterschri­ebene Privatisie­rungsproze­sse noch mal überprüft. Unter dem Druck der Geldgeber erklärte Premiermin­ister Tsi- pras allerdings schon im vergangene­n September, dass gerade die griechisch­en Häfen eine große Rolle spielten, um aus der Wirtschaft­skrise zu kommen. Privatisie­rungen seien, so Tsipras, ein Motor für Wirtschaft­swachstum. Andere wichtige Privatisie­rungsobjek­te in öffentlich­er Hand sind weitere Häfen, die Post, die Telekommun­ikationsge­sellschaft, der Athener Flughafen, die Gaswerke, die Bahn, Autobahnen und die Athener Wasserwerk­e.

Bei den Verhandlun­gen zwischen griechisch­er Regierung und Geldgebern stehen in dieser Woche unter anderem die Privatisie­rung der Elektrizit­ätswerke (DEI) sowie Reformen des Streik- und Gewerkscha­ftsrechts, Kürzungen von Renten sowie Steuererhö­hungen auf der Agenda. Die Tarifverha­ndlungen waren bereits 2012 eingefrore­n worden und auch die griechisch­en ArbeiterIn­nen sind laut der Industries­taatenorga­nisation OECD mit durchschni­ttlich 40 Prozent Steuern und Sozialabga­ben im Vergleich zu anderen OECD-Ländern hoch besteuert, während staatliche Sozialleis­tungen unter dem Niveau anderer Länder liegen. Erst nach einer Einigung der Verhandlun­gspartner können weitere Gelder an Griechenla­nd ausgezahlt werden und die Diskussion um Schuldener­leichterun­gen weitergefü­hrt werden.

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Foto: dpa/Federico Gambarini Blick auf den Hafen von Thessaloni­ki

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