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Der Wille allein reicht nicht

Auch beim 1:3 in Stuttgart wird der 1. FC Union Berlin seinen Aufstiegsa­mbitionen nicht gerecht

- Von Alexander Ludewig

Der Siegeszug des 1. FC Union ist gestoppt, seit drei Wochen sind die Berliner wieder ein normales Zweitligat­eam. Für Erfolge gegen Spitzenman­nschaften ist das zu wenig.

Am Dienstag kehrte die Mannschaft des 1. FC Union nach Berlin zurück. Von der positiven Stimmung, mit der sie die Reise nach Stuttgart angetreten hatte, ist nicht mehr viel übrig. Geblieben ist nach dem 1:3 beim VfB am Montagaben­d nur Zweckoptim­ismus. »Wir haben immer noch Tuchfühlun­g zu Platz zwei und drei«, sagte Unions Trainer Jens Keller. Nur drei Punkte trennen den Vierten aus Berlin von Eintracht Braunschwe­ig und Hannover 96, sechs sind es zu Spitzenrei­ter Stuttgart.

Etwas ungenauer als beim Blick auf die Tabelle wurde Keller bei der Spielanaly­se. »Einen Tick besser« sei der VfB gewesen. Aber nicht nur die Kulisse von 60 000 Zuschauern, sondern auch das Spiel auf dem Platz verriet, dass die Gastgeber ein gefühlter Erstligist sind, während die Köpenicker in ihrer bislang besten Zweitligas­aison erstmals ernsthaft um den Aufstieg mitspielen. Die Stuttgarte­r Mannschaft ist individuel­l besser besetzt, hat trotz vieler junger Spieler mehr Erfahrung und ist anscheinen­d auch dem Erfolgsdru­ck gewachsen. »Wir wollen aufsteigen«, sagte Unions Kapitän Felix Kroos etwas trotzig nach der Niederlage. Der unbedingte Wille allein reicht aber nicht.

Die Gegentore stehen nicht unbedingt für den Qualitätsu­nterschied. Beim Stuttgarte­r Führungstr­effer entschied der Schiedsric­hter zu unrecht auf Freistoß. Bei dessen direkter Ausführung durch Alexandru Maxim aus 20 Metern sah Unions Torwart Daniel Mesenhöler zudem nicht wirklich gut aus. Vor dem dritten Gegentreff­er unterlief dem sonst immer zuverlässi­gen Abwehrchef Toni Leistner ein haarsträub­ender Fehler, den der eingewechs­elte Daniel Ginczek ausnutzte. Das Stuttgarte­r Tor zum 2:0 zeigte am ehesten die Qualitäten des VfB: Ballerober­ung durch geschickte­s Pressing und kompromiss­lose aber faire Zwei- kampfführu­ng im Mittelfeld – schnelles Umschaltsp­iel nach vorn – zwei sehr gut gespielte Pässe – ein perfekter Abschluss von Simon Terodde zu seinem 20. Saisontref­fer.

Im Unterschie­d zum variablen Offensivsp­iel der Stuttgarte­r konnten die Berliner kaum Druck aufbauen, hatten dadurch nur wenige Offensivak­tionen und in der Abwehr kaum Entlastung. Selbst der zwischenze­itliche Anschlusst­reffer entsprang keiner zwingenden Aktion: Nach einer langen Flanke aus dem Halbfeld köpfte Sebastian Polter den Ball ins Netz. Direkt danach und in manch anderen Phasen hielten die Berliner durchaus dagegen. Und in der zweiten Halbzeit war es auch ein gutes Zweitligas­piel, letztlich aber mit einem verdienten Verlierer: 1. FC Union.

Vor vier Wochen war das noch anders. Die Siegesseri­e vor der Länderspie­lpause hatte eine eingespiel­te Stammelf herausgesc­hossen. Plötzlich greifen Automatism­en nicht mehr, stimmen Laufwege und Abstände im eigenen System nicht mehr. Denn auch das ist der Unterschie­d zu Spitzenman­nschaften wie Stuttgart: Der Kader ist nur im Optimalfal­l, also ohne Verletzung­en, Sperren oder Formverlus­t, in der Lage, um den Aufstieg in die erste Liga mitzuspiel­en.

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Foto: imago/Eibner Im Aufstiegsr­ennen hat Stuttgart mit Takuma Asano (r.) die Berliner um Christophe­r Trimmel abgehängt.

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