Trump ist für Macri ein ernsthaftes Problem
Alejandro Frenkel über den Staatsbesuch des argentinischen Präsidenten in den USA und ein schwieriges Verhältnis
Donald Trump und Mauricio Macri treffen sich am Donnerstag zum ersten Mal als Präsidenten in Washington. Beide kennen sich schon lange, sind Unternehmer, ticken ähnlich und hatten in den 1980er Jahren geschäftlich miteinander zu tun. Sind das nicht die besten Voraussetzungen für einen erfolgreichen Staatsbesuch bei diesem USPräsidenten?
Ja, das sollte man meinen. Aber Donald Trumps Protektionismus ist nicht kompatibel mit Mauricio Macris Politik der Liberalisierung und Weltmarktöffnung. Und Trump ist für Macri nicht nur ein wirtschaftliches Problem. Auch politisch ist Trump für Macri äußerst schwierig. Nach den ruppigen Jahren der Kirchner-Ära (2003-2007 Präsident Néstor Kirchner, 2007-2015 Cristina Kirchner de Fernández, d. Red.), setzte Macri auf eine Annäherung an die USA. Argentinien sollte als Modell für die Region erscheinen und so für die USA aber auch die Europäische Union als der beste hiesige Ansprechpartner gelten. Mit Hillary Clinton wollte Macri diesen unter Obama eingeschlagenen Kurs fortsetzen. Aber ein in Lateinamerika so unsympathischer USPräsident wie Trump stellt für dieses Vorhaben ein ernsthaftes Problem dar.
Strebt Macri dabei nach der verwaisten Rolle des Leaders in Lateinamerika?
Auch wenn der Kontinent sich politisch nach rechts gedreht hat, sehe ich Macri nicht als Leader. Zwar ist Brasilien gegenwärtig ganz mit sich selbst beschäftigt und Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto geht auf das Ende seiner Amtszeit zu, aber die Differenzen in der Region sind zu groß und auf der Gegenseite stehen noch immer Venezuela, Ecuador und Bolivien. Lateinamerika ist sehr komplex und hatte nie eine einzige Führungsperson. Das schafften auch in den Nullerjahren weder Brasiliens Lula da Silva noch Venezuelas Hugo Chávez noch Néstor Kirchner. Und Macri hat nicht annähernd so viel Charisma wie einer von diesen Dreien.
Was also möchte Macri von Trump?
Macri will Handelserleichterungen. Dazu zwei Beispiele. Seit über 15 Jahre dürfen argentinische Zitronen nicht auf dem US-Markt verkauft werden. Obama hatte dies am Ende seiner Amtszeit gerade noch wieder genehmigt, aber Trump sofort wieder gestrichen. Und erst vor wenigen Tagen wurde über Biodiesel aus Argentinien ein US-Importverbot wegen angeblicher Dumpingpreise ver- hängt. Vor allem Letzteres trifft Argentiniens Agrobusiness hart. Zudem möchte Macri am liebsten mit einem großen Sack voll US-Investitionen zurückkommen, etwa für die Ausbeutung der nicht-konventionellen Öl- und Gasvorkommen in Patagonien, die wie Schieferöl nur schwer und wegen der erforderlichen Technologie nur kostspielig zu fördern sind.
Trumps Protektionismus trifft aber nicht nur Argentinien, sondern die gesamte Region. Vor wenigen Wochen haben die Mitgliedstaaten der südamerikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Mercosur und der Pazifikallianz deshalb eine Annäherung ihrer beiden Blöcke beschlossen. Kann das gelingen?
Trump hat zuerst das Nordamerikanische Freihandelsabkommen NAFTA (USA, Kanada, Mexiko) auf den Prüfstand gestellt und dann das Transpa- zifische Freihandelsabkommen TPP vom Tisch gewischt, dem aus Lateinamerika Mexiko, Chile und Peru angehören. Das erste ging gegen Mexiko, das zweite war ein schwerer Schlag für die Pazifikallianz, der außer den drei lateinamerikanischen TPP-Staaten auch noch Kolumbien angehört. Notgedrungen streben die lateinamerikanischen Länder jetzt eine eher regionale Ausrichtung an und treffen dabei mit den liberalisierungswilligen Regierungen der Mercosur-Staaten zusammen. Beide Blöcke sind in Alter und Charakter jedoch sehr verschieden. Der Mercosur ist 26 Jahre alt, die Pazifikallianz gerademal sechs. Der Mercosur wurde zum Aufbau eines gemeinsamen regionalen Marktes von Argentinien, Brasilien, Uruguay und Paraguay gegründet, der als Block gegenüber anderen Blöcken auftreten sollte. Dagegen ist die Pazifikallianz kaum mehr als eine Plattform zur Exportförderung und Investitionssuche. Der Mercosur hat zudem eine politische und eine soziale Komponente, die der Pazifikallianz gänzlich fehlen. Solange also beide Blöcke ihre Strukturen nicht grundlegend ändern, bleibt ein Zusammengehen reine Wunschvorstellung.
Sind die Verhandlungen zwischen der EU und der Mercosur über ein Handelsabkommen ebenfalls eine Wunschvorstellung?
Mercosur und EU verhandeln mit Unterbrechungen schon seit 1995. Damals strebten die USA die gesamtamerikanische Freihandelszone ALCA an und die EU lief Gefahr, außen vor zu bleiben. Seit jedoch ALCA vom Tisch ist, hat der Verhandlungsdrang der EU stark nachgelassen. Vor Kurzem wurden die Verhandlungen wieder aktiviert. Jenseits aller Rhetorik des Guten Willens der Staats- und Regierungschefs war und ist das Haupthindernis eine Einigung über den Zugang von Agrarprodukte in die EU. Hier liegt der Ball eindeutig in Europa. Zugleich hat der für die EU am lukrativsten erscheinende brasilianische Markt wegen der tiefen Wirtschaftskrise derzeit erheblich an Anziehungskraft verloren.