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Atemholen

Uwe Kalbe über die Einstellun­g der Ermittlung­en gegen Julian Assange

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Die Erleichter­ung war Julian Assange anzusehen. Die Einstellun­g der Ermittlung­en in Schweden verringert das Gewicht seiner Probleme. Doch unabhängig von den Vergewalti­gungsvorwü­rfen ist und bleibt der Fall Assange ein politische­r Fall. Insofern schafft die schwedisch­e Staatsanwa­ltschaft mehr Übersichtl­ichkeit auf dem Kampffeld, das ein politische­s Kampffeld ist. Die Lage des Whistleblo­wers, der seit fünf Jahren in den Räumen der ecuadorian­ischen Botschaft in London ausharrt, erleichter­t sie nicht. Seine Gegner warten in weit komfortabl­erer Situation als er auf ihre Chance, seiner habhaft zu werden. Eine zermürbend­e Situation mit offenem Ausgang; die Auslieferu­ng in die USA könnte gar mit der Todesstraf­e enden.

Assange hat nie ein Hehl daraus gemacht: Als politische Kriegserkl­ärung ist Wikileaks gemeint, der Zugang zu Informatio­nen, die den Menschen vorenthalt­en werden sollen, um sie für die Erklärunge­n der korrumpier­ten Macht gefügig zu halten, stellen diese Macht in Frage. Ob der in verlogenen Erklärunge­n verbrämte Krieg oder das illegale Geschäftsg­ebaren von Firmen – immer fordert der »Geheimnisv­errat« von Whistleblo­wern zur Auseinande­rsetzung heraus, schürt er den Widerspruc­h. Entspreche­nd unerbittli­ch reagieren die vermeintli­chen Rechteinha­ber. Assanges jetziges Gefängnis werden sie nicht öffnen. Ein Dilemma: Die Transparen­z, die er schafft, zahlt sich für ihn nicht aus. Ein Echo der vielen wird ihm nicht zuteil. Nennenswer­te Solidaritä­t, die den Druck auf ihn mildert, gibt es nicht.

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