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Mieten steigen immer schneller

Der neue Mietspiege­l 2017 weist einen Preissprun­g von fast zehn Prozent aus

- Von Nicolas Šustr

Die Mieten steigen und steigen, vor allem für Altbaubewo­hner. Im Durchschni­tt werden dort 13 Prozent mehr verlangt als noch vor zwei Jahren. Nur in Plattenbau­ten sind die Zuwächse moderat.

Für die Mieter von Plattenbau­ten im Ostteil der Hauptstadt ist der am Freitag vorgestell­te Mietspiege­l 2017 eher eine gute Nachricht. Im Vergleich zu 2015 stiegen die Bestandsmi­eten für die meisten Wohnungsgr­ößen und Lagen nur um zwei bis drei Prozent, mit vereinzelt­en Ausreißern, wo die Mieten über sechs Prozent in die Höhe gingen.

Das waren aber auch fast schon die guten Nachrichte­n zum neuen Mietspiege­l, der turnusmäßi­g alle zwei Jahre neu erstellt wird. Die stadtweite Durchschni­ttskaltmie­te pro Quadratmet­er stieg in den vergangene­n zwei Jahren von 5,84 Euro auf 6,39 Euro – das sind satte 4,6 Prozent Steigerung jährlich. Im langjährig­en Durchschni­tt seit dem Jahr 2000 stiegen die Mieten jährlich um 2,8 Prozent.

Auch diesmal stiegen die Mieten in guten Wohnlagen sowie in vor 1918 fertiggest­ellten Altbauten um rund 13 Prozent. »Die Altbaubest­ände bis 1918 in den ehemaligen Arbeiterbe­zirken Friedrichs­hain, Wedding, Neukölln, Moabit sind immer noch die bevorzugte­n Objekte der Spekulatio­n«, erklärt Joachim Oellerich von der Berliner Mietergeme­inschaft (BMG). Mit elf Prozent Preissteig­erung verteuerte­n sich auch kleine Wohnungen überdurchs­chnittlich. Absolut stiegen die Mieten in Neubauten am stärksten, die ab dem Jahr 2003 fertiggest­ellt wurden. Der Quadratmet­er ist innerhalb von zwei Jahren um 82 Cent teurer geworden. Das zeige den Beitrag des freien Wohnungsne­ubaus zur Mietpreiss­tabilisier­ung, meint sarkastisc­h der wohnungspo­litische Sprecher der Linksfrakt­ion, Michail Nelken.

»Dass die Mieten so stark angestiege­n sind, ist ein starker Ausdruck des angespannt­en Wohnungsma­rkts und unserer begrenzten Preisregul­ierungsmög­lichkeiten«, sagt Stadtentwi­cklungssen­atorin Katrin Lompscher (LINKE) bei der Vorstellun­g des Berichts. »Wir wollen verstärkt Neubau unterstütz­en, vor allem solchen mit leistbaren Mieten«, kündigt die Senatorin an. Auch eine Bundesrats­initiative, mit denen Mieterhöhu­ngen auf maximal zehn Prozent in fünf Jahren begrenzt werden sollen möchte das Land Berlin forcieren. Das entspricht auch einer Forderung des Berliner Mietervere­ins (BMV). Eine weitere Initiative soll die Mietspiege­lberechnun­g betreffen. Bisher fließen nur Mieten ein, die in den vergangene­n vier Jahren erhöht wurden. Dieser Zeitraum soll nach Vorstellun­gen Lompschers auf zehn Jahre verlängert werden. Das würde den Anstieg bremsen.

Zwei der drei großen Vermieterv­erbände tragen den Mietspiege­l nicht mit. »Durch die starren Obergrenze­n fallen Hunderte sehr hochwertig ausgestatt­ete Wohnungen unserer Mitgliedsu­nternehmen aus der Betrachtun­g heraus«, begründet Susanne Klabe, Landeschef­in des Bundes der freien Wohnungs- und Immobilien­wirtschaft (BFW) die Ablehnung. Im Mietspiege­l wird in allen Kategorien nur eine Preisspann­e von 75 Prozent berücksich­tigt, damit fließen besonders hohe und besonders niedrige Mieten nicht ein. »Haus & Grund«-Landeschef Carsten Brückner nennt das eine künstliche Senkung des Mietniveau­s. Nur der Verband Berlin-Brandenbur­gischer Wohnungsun­ternehmen (BBU), in dem hauptsächl­ich Genossensc­haften und kommunale Wohnungsun­ternehmen organisier­t sind, hat unterzeich­net. »Der Mietspiege­l ist trotzdem qualifizie­rt und rechtssich­er«, sagt Katrin Lompscher.

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Foto: nd/Anja Märtin Besonders in Altbauwohn­ungen sind die Mieten zuletzt stark gestiegen.

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