Berlin ist die Hauptstadt der Fahrraddiebe
Noch nie wurden in den vergangenen zehn Jahren so viele Fahrräder in Berlin gestohlen wie 2016. Über die Täter und ihre Strukturen gibt es wegen der geringen Aufklärungsquote nur Mutmaßungen.
Die Zahl der Fotos geht in die Hunderte. Auf einer speziellen Internetseite präsentiert die Berliner Polizei all jene Fahrräder, die bei der Behörde verwahrt werden, ohne dass bislang ein Eigentümer informiert werden konnte. Alle Typen vom hochwertigen Fixie über Hollandräder, Rennräder, Straßenräder bis hin zu Lasten- und Elektrorädern finden sich. Die zahlreichen Fundräder zeigen eindrücklich, wie groß das Problem mit Fahrraddiebstählen in der Hauptstadt ist: Allein im vergangenen Jahr wurden laut der Polizeilichen Kriminalstatistik 34 418 Fälle von Fahrraddiebstählen gemeldet – das waren 2174 Diebstähle mehr als im Jahr zuvor (plus 6,7 Prozent). Was die vergangenen zehn Jahre angeht, befindet sich Berlin damit auf einem Höchststand.
Eine Ursache erkennt die Polizei unter anderem im »ungebrochen hohen Stellenwert des Fahrrades als urbanes Verkehrsmittel«. Da die Aufklärungsquote mit 3,5 Prozent niedrig ist, hat die Polizei seit Anfang vergangenen Jahres eine behördenweite Gesamtstrategie zur Bekämpfung des Fahrraddiebstahls in Kraft gesetzt. »Diese enthält sowohl repressive als auch präventive polizeiliche Maßnahmen und bildet somit die Grundlage für die nachhaltige Bekämpfung dieses Massendelikts«, sagt der stellvertretende Pressesprecher der Polizei Berlin, Thomas Neuendorf, dem »nd«. Zurzeit prüft das Landeskriminalamt allerdings die Strategie auf »Aktualität und Wirkung«.
Tatsächlich ist unklar, wer hinter den Diebstählen steckt, ob es sich um Einzeltäter oder organisierte Gruppen handelt. Repräsentative Aussagen sind wegen der niedrigen Aufklärungsquote nur selten möglich. Mit solchen Erfolgen wie vor kurzem die Hamburger Polizei, die 1500 gestohlene Fahrräder auf einem Gelände fand, konnte die Berliner Polizei zuletzt nicht aufwarten.
Was bekannt ist: Von den Tatverdächtigen besitzt die Hälfte die deutsche Staatsbürgerschaft, der andere Teil ist nicht-deutscher Herkunft. Darunter vor allem Tatverdächtige mit ost- und südosteuropäischer Herkunft. Die These, dass Fahrräder gezielt in Berlin gestohlen werden, um dann in Osteuropa verkauft zu werden, ist für Einzelfälle belegt. Aber richtig repräsentativ sind die Zahlen der Polizei dazu nicht.
So setzt die Polizei weiter vor allem auf Prävention: Sie erteilt Tipps, wie Fahrräder gesichert abgestellt werden können. Außerdem wird empfohlen, individuelle Kennzeichnungen wie die Rahmennummer zu notieren. Die Polizei bietet auch den kostenlosen Service an, das Fahrrad mit einem individuell nummerierten Aufkleber zu kennzeichnen. Falls es dann geklaut wird, kann die Polizei es beim Auffinden anhand der gespeicherten Daten zuordnen.