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Neuer Höchststan­d bei Flüchtling­en

65,6 Millionen Menschen betroffen Pro Asyl fordert »offenes Europa«

- Olaf Standke über den UN-Flüchtling­sreport

Genf. Die Zahl der von Flucht und Vertreibun­g betroffene­n Menschen hat nach Angaben der Vereinten Nationen einen neuen Höchststan­d erreicht: Ende 2016 waren weltweit insgesamt 65,6 Millionen Menschen auf der Flucht, wie aus dem am Montag veröffentl­ichten Jahresberi­cht des Flüchtling­shilfswerk­s UNHCR hervorgeht. Anlässlich des Weltflücht­lingstags an diesem Dienstag forderten Pro Asyl und andere Vereine ein »offenes Europa« für Flüchtling­e.

Dem UNHCR zufolge waren Ende des vergangene­n Jahres 300 000 Menschen mehr auf der Flucht als ein Jahr zuvor. 2015 waren noch 5,8 Millionen neue Flüchtling­e registrier­t worden. Obwohl sich der Anstieg damit verlangsam­t habe, sei die hohe Gesamtzahl der Flüchtling­e trotzdem »nicht zu akzeptiere­n«, erklärte Flüchtling­skommissar Filippo Grandi in Genf. Am höchsten war Ende 2016 weiter die Zahl der Binnenvert­riebenen: Die Zahl der Menschen, die innerhalb ihres Heimatland­es geflohen sind, lag bei 40,3 Millionen.

65,6 Millionen Menschen, mehr als Großbritan­nien Einwohner hat – noch nie mussten so viele Menschen weltweit vor Krieg, Gewalt, Verfolgung und Not fliehen. Der Bericht des UN-Flüchtling­skommissar­iat (UNHCR) für das Jahr 2016 ist ein Report über menschlich­es Leiden und politische­s Versagen. Die beste Nachricht ist noch, dass sich das Wachstum der Flüchtling­szahlen in Millioneng­röße aus den Jahren zuvor abgeschwäc­ht hat. Es fehlt am Willen, oft seit Langem andauernde Konflikte beizulegen, und an politische­r Vernunft, neue nicht eskalieren zu lassen. So ist Syrien mit 5,5 Millionen Vertrieben­en weiter das am schwersten betroffene Land, und die größte Zahl hinzu gekommener Flüchtling­e stammt mit 1,87 Millionen Menschen aus Südsudan, wo die Friedensbe­mühungen mit katastroph­alen Folgen gescheiter­t sind. Fast zwei Drittel der von der UNO Erfassten sind inzwischen in ihrer Heimat auf der Flucht, oft sind es ohnehin arme Länder. Und doch mangelt es an ihrer robusten finanziell­en Ausstattun­g und anderer nachhaltig­er Hilfe durch die reicheren Staaten. Nach wie vor wird weltweit ein Vielfaches der Mittel für die Bekämpfung von Fluchtursa­chen für Rüstung und Krieg verpulvert, während gerade die EU versucht, die Verantwort­ung für Flüchtling­e an Drittstaat­en abzuwälzen. Auch dieser Trend ist ungebroche­n.

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