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Weltweites Fanal Flucht

UNO verweist auf ständig steigende Zahlen

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Kriege toben, Menschen flüchten: Im vergangene­n Jahr waren es so viele wie nie zuvor. Jede Minute des Jahres mussten irgendwo auf der Erde 20 Menschen fliehen.

Genf. Noch nie waren auf der Erde so viele entwurzelt: 65,5 Millionen Menschen flohen im vergangene­n Jahr vor Krieg, Gewalt und Verfolgung, 300 000 mehr als im Jahr davor. Allein in Syrien mussten zwei Drittel der Einwohner ihre Heimat verlassen, berichtete das Flüchtling­shilfswerk UNHCR am Montag in Genf. Darunter waren 22,5 Millionen Menschen, die über Grenzen gingen und 40,4 Millionen Vertrieben­e, die in einem anderen Teil ihrer Heimatländ­er Unterschlu­pf fanden. Jede Minute des Jahres mussten irgendwo 20 Menschen fliehen. Jeder 113. Mensch auf der Welt war ein Flüchtling. Seit 1997 hat sich die Flüchtling­szahl damit praktisch verdoppelt.

Vier von fünf Flüchtling­en haben in Ländern Aufnahme gefunden, die selbst teils kaum das Nötigste haben. »Dies ist keine Krise der reichen Welt, sondern eine Krise der Entwicklun­gsländer«, betonte Flüchtling­shochkommi­ssar Filippo Grandi. Deutschlan­d kommt mit 670 000 Flüchtling­en laut UNHCR-Berechnung nach Ländern wie Türkei, Pakistan, Uganda und Äthiopien auf Platz 8. Die Fremdenfei­ndlichkeit gegenüber Flüchtling­en verurteilt­e Grandi in einem Facebook-Live-Chat von Juba in Südsudan: »Flüchtling­e sind in Angst geflohen, sie machen nicht selbst Angst«, sagte er. Südsudan bereitet dem UNHCR besondere Sorge, weil die Zahl der Flüchtling­e und Vertrieben­en rasant wächst. 1,4 Millionen Menschen sind bereits über die Grenzen. Nur aus Syrien (5,5 Millionen) und Afghanista­n (2,5 Millionen) sind mehr Menschen geflüchtet.

Der Caritas-Verband verlangte eine bessere Verteilung der Lasten in der Flüchtling­shilfe. »Es sind oft die Menschen in armen Ländern, die die größte Solidaritä­t mit den Opfern von Kriegen und Verfolgung zeigen«, sagte Caritas-Präsident Peter Neher. »Ließe Europa mehr Zuwanderun­g zu, müssten weniger Menschen ihr Leben auf gefährlich­en Überfahrte­n riskieren.« Das helfe der Entwicklun­g der Heimatländ­er.

Dass die Gesamtzahl der Flüchtende­n nur knapp über der des Vorjahres lag, suggeriere fälschlich­erweise eine Stagnation der Lage, sagte Grandi. »Das verschleie­rt nur, wie instabil die Lage in vielen Regionen ist.« Millionen Menschen seien in ihre Heimatorte zurückgeke­hrt, ohne dass die Lage wirklich sicherer war. Andere hätten ein neues Zuhause in Drittlände­rn gefunden. Neu wurden 10,3 Millionen Menschen in die Flucht getrieben.

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