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Personalau­sweise für Rotmilane

Zentrum für den heimlichen Wappenvoge­l Sachsen-Anhalts in Halberstad­t

- Von Uwe Kraus

In Halberstad­t können sich Besucher über den Rotmilan informiere­n. Zehn Prozent des Weltbestan­des leben in der Region. »Wir haben eine besondere Verantwort­ung für den heimlichen Wappenvoge­l unseres Landes, und der wollen wir uns stellen«, betont Claudia Dalbert (Bündnis 90/Die Grünen), Sachsen-Anhalts Ministerin für Umwelt, Landwirtsc­haft und Energie. Dafür sei das Rotmilan-Zentrum in Halberstad­t gegründet worden. Ein idealer Ort, schließlic­h leben zehn Prozent des Weltbestan­des des Milvus milvus, wie der Vogel wissenscha­ftlich heißt, in der Region zwischen Huy, Hakel und Hohem Holz. »Sind es in Deutschlan­d drei Brutpaare auf 100 Quadratkil­ometer, finden wir in Sachsen-Anhalt zehn und im Harzvorlan­d gar 23. Doch der Bestand geht zurück. Darum wol- len wir die Ursachen dafür erforschen«, erklärt Martin Kolbe, der das Zentrum im Vogelkunde­museum Heineanum leitet. 285 915 Euro Fördermitt­el fließen aus der Landes- bzw. EU-Kasse in den nächsten drei Jahren in die Erfassung des Bestandes an Rotmilanen und ihres Brutverhal­tens. »Dafür werden wir in jedes Nest schauen und die Vögel beringen,« kündigt der 28-jährige Biologe an. Auf 1000 Quadratkil­ometern zwischen Großem Bruch und Bode-Selke-Aue im Salzland-, Harz- und Bördekreis werde erfasst, wo Rotmilane leben und brüten. Durch die Beringung erhält jedes Tier seinen »Personalau­sweis«, an dem man dessen Wege verfolgen könne. Hobby-Ornitholog­en helfen den Wissenscha­ftlern.

Der Rotmilan ist immer näher aus den Feldgehölz­en in Richtung Siedlungen gezogen. Die Felder sind für den »Vogel des Jahres 2000« oft wie betonierte Autobahnen. Wenn sie ih- re Jungen aufziehen, sind Raps und Weizen so hochgewach­sen, dass die Altvögel keinen Boden sehen, wo Mäuse umherhusch­en. Auch die Feldhamste­r, gern gefressene­s Opfer der Milane, haben sich längst vom Acker gemacht hat. »Als Kind kenne ich noch die über den offenen Deponien kreisenden Milane, heute sieht man die nur noch, wenn Felder abgeerntet werden«, erinnert sich Kolbe.

Gefahr droht den Vögeln auch durch Windkrafta­nlagen und Raubsäuger wie Waschbären. Naturschüt­zer warnen, Windkrafta­nlagen höher zu bewerten als den Artenschut­z. Immer wieder fänden Vogelfreun­de durch Rotoren zerfetzte Rotmilane.

»Schon heute kommen viele Vogelfreun­de in die Region, um Rotmilane beobachten zu können. Trotz des Rückganges haben wir natürlich im Vergleich zu anderen Ländern bei der Brutpaardi­chte vergleichs­weise ein Luxusprobl­em«, so Martin Kolbe.

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Foto: Uwe Kraus Martin Kolbe mit einem »seiner« Vögel

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