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Thüringer Finanzkont­rolleure prangern Verschwend­ung an

Rechnungsh­of fordert die rot-rot-grüne Koalition zum Maßhalten auf

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Eine Reform, die mehr kostet als sie bringt, und Zweifel am beitragsfr­eien Kitajahr: Thüringens Finanzkont­rolleure haben die Landesausg­aben kritisch unter die Lupe genommen – und wurden fündig.

Rudolstadt. Thüringen verpulvert unnötig Millionenb­eträge der Steuerzahl­er. Allein punktuelle Kontrollen, deren Ergebnisse der neue Jahresberi­cht des Rechnungsh­ofs auflistet, ergaben zweifelhaf­te Ausgaben in Höhe von mindestens 60 Millionen Euro. Zu den Fällen, die Rechnungsh­ofpräsiden­t Sebastian Dette am Montag in Rudolstadt vorstellte, gehörten die Reform der Sozialverw­altung, die statt Einsparung­en Mehrkosten verursacht­e, oder ein teures Pilotproje­kt zur Wartung von 20 Kilometern Landesstra­ße im Saale-Holzland-Kreis. Es sorgte für Mehrkosten von 2,7 Millionen Euro.

Der Rechnungsh­of forderte die rotrot-grüne Koalition zum Maßhalten bei den Ausgaben sowie zu einem realen Stellenabb­au in der Landesverw­altung auf. Skeptisch äußerte sich Dette zur sozialen Wirkung des von der Koalition vorgesehen­en beitragsfr­eien Kitajahres für Vorschulki­nder ab 2018. »Es geht um die Frage, wer vom Land damit einen finanziell­en Vorteil bekommt.« Einkommens­schwache Familien müssten schon jetzt keine Gebühren zahlen.

Dette ermunterte die Politik zu einem Neuanlauf bei der Verwaltung­sund Gebietsref­orm. »Wir halten daran fest, dass eine solche Strukturre­form angesichts der sinkenden Einwohnerz­ahl unumgängli­ch ist«, sagte er. Mit Blick auf die knappe Mehrheit der Regierungs­koalition im Landtag sagte er: »Ich fordere in Sachen Verwaltung­s- und Gebietsref­orm eine große Koalition der Vernunft.«

Die Opposition­sfraktione­n CDU und AfD sind Gegner einer Gebietsref­orm mit größeren Kreisen. Zudem hatte das Verfassung­sgericht das erste Gesetz zur Gebietsref­orm vor einigen Tagen aus formalen Gründen kassiert. Dette sagte, Thüringen verliere aus demografis­chen Gründen derzeit täglich 35 Einwohner. Es sei nicht möglich, dass immer weniger Menschen eine gleichblei­bend große Landesverw­altung mit über 0 000 Angestellt­en und Beamten finanziert­en.

Der Rechnungsh­of bescheinig­te den Regierunge­n in Thüringen, seit über zehn Jahren kaum Stellen im Landesdien­st gestrichen, sondern Personal nur verschoben zu haben. Es seien 10 000 Stellen formal aus dem Landeshaus­halt verschwund­en. Sie würden aber weiter größtentei­ls in rechtlich selbststän­digen Einrichtun­gen und Gesellscha­ften vom Land finanziert. »Wir sehen mit Sorge, dass der Stellenabb­au im Land nicht gelingt«, so Dette. Die jährlichen Personalau­sgaben des Landes lägen bei rund 2,5 Milliarden Euro. Thüringen habe pro 1000 Einwohnern im Vergleich der 16 Bundesländ­er die zweithöchs­te Zahl an Landesbedi­ensteten nach dem Saarland.

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