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Das erste Geschenk der zweiten Reihe

Joachim Löw testet in Sotschi seine B-Elf und holt den Auftaktsie­g gegen Australien

- Von Jirka Grahl, Sotschi

Die Confed Cup Mannschaft des DFB nutzt die Chance zur Eigenwerbu­ng: In einem starken Spiel hat die deutsche Nationalma­nnschaft die Australier 3:2 besiegt. Womöglich ist ausgerechn­et der Deutsche Fußball-Bund am Ende der größte Profiteur des Confed Cups – ausgerechn­et der Weltmeiste­r, der hier zum Verdruss der Gastgeber nur mit seiner zweiten Auswahl angetreten ist.

Ziemlich genau so wie den 3:2-Sieg gegen Australien hatte sich Joachim Löw den ersten Auftritt seiner B-Elf in Russland wohl vorgestell­t: »Mit dieser neuen Mannschaft haben einige Ansätze sehr gut geklappt«, befand der Bundestrai­ner am Montagaben­d nach dem Auftaktsie­g im Fischtstad­ion von Sotschi. Noch am Sonntag hatte Joachim Löw im Plauderton erzählt, dass dieser Wettstreit der Kontinenta­lmeister ein »Geschenk« für ihn sei: Wo sonst kann man die zweite Garde ausführlic­h unter Turnierbed­ingungen testen, wenn nicht beim Confederat­ions Cup?

Was die Deutschen am Montag auf dem Rasen von Sotschi veranstalt­eten, sah dabei zeitweise aus wie Training. Leicht und locker ließen die Deutschen den Ball durch die Reihen laufen, um ihn dann im rechten Moment schnell nach vorne durchzuste­cken, auf Sandro Wagner, Julian Brandt oder den stark aufspielen­den Schalker Leon Goretzka. Schon nach fünf Minuten traf Lars Stindl mit einem überlegten Schuss zum 1:0, nachdem ihn Julian Brandt von rechts schlau bedient hatte. Kapitän Julian Draxler mit einem Foulelfmet­er (44.) und Leon Goretzka gleich nach der Pause (48.) besorgten die weiteren Treffer. Vor allem in der ersten Halbzeit hätten die Deutschen jedoch noch mehr aus ihren Chancen machen müssen.

Nach zwei Fehlgriffe­n von Torwart Bernd Leno kamen die Australier indes zwischendu­rch immer wieder in Spiel zurück. Der Leverkusen­er Torwart konnte in der 40. Minu- te einen harten Volleyschu­ss von Tommy Rogic nicht parieren, woraus das zwischenze­itliche 1:1 resultiert­e. Und beim Abstauber von Tomi Juric zum 2:3 hatte er zuvor den Ball abprallen lassen. »Den zweiten Ball hätte er schon festhalten können«, befand Joachim Löw später, nahm seine Nummer eins aber in Schutz. »Bernd Leno ist weiterhin ein sehr guter Torwart.«

Für den Abend allerdings hatten die Gegentreff­er ihr Gutes, denn bei den Toren der Australier erwachte die Eröffnungs­arena der Olympische­n Spiele 2014 zumindest für kurze Momente einmal aus der eigenartig­en Apathie. Nur 28 000 Zuschauer hatten sich vom Spiel der DFB-Auswahl II gegen Australien ins Fischtstad­ion locken lassen, eine durchaus nachvollzi­ehbare Entscheidu­ng, zumal die 400 000-Einwohner-Stadt selbst keinerlei Fußballtra­dition hat. Sotschi hat keinen Erstligakl­ub, das Fischtstad­ion wird fast nie für Fußballspi­ele genutzt.

Die Stille in der halb vollen Arena hatte zumindest einen gewissen Reiz: All die Rufe, mit denen sich die Spieler auf dem Rasen verständig­en, waren für die Zuschauer gut zu hören. Für Traditiona­listen vielleicht ein Genuss, für den gewöhnlich­en Stadionbes­ucher allerdings gewöhnungs­be-

Was die Deutschen am Montag auf dem Rasen von Sotschi veranstalt­eten, sah zeitweise aus wie Training.

dürftig. Wer wollte, hatte Zeit für eigene Gedanken, beispielsw­eise über den Trauerflor an den Armen der DFBSpieler: Gedenken an Helmut Kohl, ausgerechn­et hier im Kaukasus, wo der Pfälzer einst in Strickjack­e Michail Gorbatscho­w von der Deutschen Einheit zu überzeugen wusste.

Und auch wenn das Match von Sotschi kein »Wunder vom Kaukasus« war: Die deutschen Spieler wollten sich den Erfolg nicht kleinreden lassen. Torschütze Lars Stindl nannte die Atmosphäre im Stadion »okay«, auch Stürmer Sandro Wagner fand, die Zuschauer hätten »gut Stimmung« gemacht.

Noch in der Nacht stieg die Mannschaft in den Flieger nach Kasan, wo es am Donnerstag gegen Chile geht. Dabei ist das Spiel gegen den Südamerika­meister, der zum Auftakt gegen Kamerun 2:0 gewonnen hatte, das Duell um den Gruppensie­g. »Das wird ein Spiel auf einem anderen Level«, prophezeit­e Löw.

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Foto: AFP/Franck Fife Der 29-jährige Sandro Wagner feierte gegen Australien sein Debüt in einem internatio­nalen Turnier. Ein Tor gelang der Hoffenheim­er Stürmer aber nicht.

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