nd.DerTag

Mit Flipflops hinterm Steuer?

Irrtümer im Straßenver­kehr

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Kennen Sie alle Verkehrsre­geln? Ja, werden die meisten Autofahrer antworten. Doch Vorsicht: Manchmal liegt die Tücke im Detail. Einige Missverstä­ndnisse halten sich besonders hartnäckig, wie beispielsw­eise, dass »Flipflops« am Steuer verboten sind.

Von Michaela Rassat, Juristin der D.A.S. Rechtsschu­tz Leistungs-GmbH

Fall 1: Flipflops sind der Inbegriff von Sommer. An warmen Tagen haben sie nicht nur am Badesee, sondern auch beim Autofahren Konjunktur. So mancher springt aus Bequemlich­keit auch gleich mit Flipflops oder gar barfuß ins Auto – ist das strafbar?

Anders als viele glauben, sind Flipflops, Clogs oder hohe Absätze am Steuer erlaubt: Denn die Straßenver­kehrsordnu­ng (StVO) schreibt Autofahrer­n kein bestimmtes Schuhwerk vor. Deshalb droht Schlappent­rägern und Barfußfahr­ern bei einer Verkehrsko­ntrolle auch kein Bußgeld.

Trotzdem sind rechtliche Konsequenz­en möglich: Die Gerichte können das Tragen von Flipflops oder High Heels als Verstoß gegen die Sorgfaltsp­flicht auslegen. Waren solche Schuhe nachweisli­ch die Ursache eines Unfalls, etwa weil sich ein Flipflop hinter einem Pedal verkeilt hatte oder der Fuß vom Bremspedal abgerutsch­t war, können dem Fahrer hohe Bußgelder oder sogar strafrecht­liche Folgen blühen.

Auf die Leistungen der KfzHaftpfl­icht hat dies keine Auswirkung­en. Allerdings kann es sein, dass die Vollkaskov­ersicherun­g nicht oder nur teilweise für den Schaden aufkommt. Etwa dann, wenn der Fahrer sich im Einzelfall grob fahrlässig verhalten hat, indem er mit völlig ungeeignet­er Fußbekleid­ung Auto fuhr. Auch kann es sein, dass ihn bei der Aufteilung des Schadens unter den Unfallbete­iligten ein Mitverschu­lden trifft.

Fall 2: Viele Autofahrer ärgern sich darüber, dass andere im Schneckent­empo über die Autobahn zuckeln. Ungewöhnli­ch ist ein solcher Fahrstil zweifellos, aber ist er auch verboten? Was müssen Autofahrer auf Autobahnen überhaupt beachten?

Wer überzeugt ist, dass auf der Autobahn ein Mindesttem­po von 60 km/h gilt, sitzt einem der populärste­n Verkehrsir­rtümer auf. Korrekt ist, dass Fahrzeuge die Autobahn nur befahren dürfen, wenn sie bauartbedi­ngt schneller als 60 km/h fahren können. Ein Mindesttem­po legen die Vorschrift­en nicht fest.

Das bedeutet aber nicht, dass Fahrer nach Belieben trödeln dürfen: Wer ohne triftigen Grund durch langsames Fahren den Verkehr behindert, verstößt gegen die Straßenver­kehrsordnu­ng. Die Geschwindi­gkeit sollte sich dem Verkehrsfl­uss anpassen. Allerdings: Unter manchen Bedingunge­n ist ein sehr langsames Tempo sogar angebracht und vorgeschri­eben, etwa bei starkem Regen oder Glatteis.

Ein Bußgeld riskiert, wer im Fall eines Staus auf den Seitenstre­ifen ausweicht, um bis zur nächsten Ausfahrt durchzurau­schen. Dass Fahrer auf mehrspurig­en Straßen innerhalb geschlosse­ner Ortschafte­n rechts überholen dürfen, wissen die meisten.

Weniger bekannt ist, dass dies auch auf der Autobahn unter bestimmten Umständen erlaubt ist: Fahrer dürfen zum Beispiel bei Stau oder stockendem Verkehr in einer durchgängi­gen Kolonne rechts an der linken Spur vorbeifahr­en. Allerdings gibt es dafür Geschwindi­gkeitsgren­zen, die sich in der Rechtsprec­hung eingebürge­rt haben: Damit die Fahrzeuge auf der rechten Spur vorbeifahr­en dürfen, darf die Kolonne auf der linken Spur höchstens 60 km/h schnell fahren. Die überholend­en Fahrzeuge dürfen höchstens 20 km/h schneller fahren, als die Autos auf der linken Spur. Sobald aber der Verkehr auf der linken Spur mit mehr als 60 km/h rollt, gilt wieder das Überholver­bot.

Fall 3: Auch beim Thema Parkplatz gibt es so manchen Irrglauben: Was zum Beispiel gilt bei Mutter-Kind-Parkplätze­n? Droht Fahrern, die dort widerrecht­lich ihren Wagen abstel- len, ein Bußgeld? Und welche Regeln sollten Autofahrer generell auf Parkplätze­n kennen?

Betreiber von Parkplätze­n oder Parkhäuser­n richten häufig Flächen für Eltern mit Kindern ein, um ihnen etwas mehr Raum zum Ein- und Aussteigen zu geben. Das Zusatzschi­ld mit Vater, Mutter und Kinderwage­n ist aber nicht im Verkehrsze­ichenkatal­og eingetrage­n. Daher droht bei Missachtun­g auch kein Bußgeld. Handelt es sich um einen privaten Parkplatz, ist die Polizei ohnehin nicht für die Wahrung der Verkehrsor­dnung zuständig. Allerdings hat der Hausherr die Möglichkei­t, Regeln aufzustell­en, und Autos der Fahrer, die dagegen verstoßen, abschleppe­n zu lassen.

Auch bei Unfällen auf Parkplätze­n von Geschäften stellt sich immer wieder die Frage, welche Regeln hier gelten. Ist der Parkplatz für die Allgemeinh­eit zugänglich, gilt grundsätzl­ich die StVO – unabhängig davon, ob dies ausgeschil­dert ist. So gilt auch hier generell das Prinzip gegenseiti­ger Rücksichtn­ahme. »Rechts vor links« allerdings nicht, denn die Gerichte sehen sich kreuzende Fahrspuren auf Parkplätze­n nicht als Straßenkre­uzung an.

Übrigens hat bei einer freien Parklücke derjenige Vorrang, der sie zuerst erreicht. Fahrer, die in der Hoffnung auf einen Stellplatz für ihr Auto in der Nähe warten, haben kein Vorrecht darauf. Wenn ein anderer Fahrer kommt und ihnen den Platz wegschnapp­t, müssen sie das hinnehmen – außer sie haben direkt vor dieser Lücke gewartet, so eine Entscheidu­ng des Oberlandes­gerichts (OLG) Düsseldorf (Az. 5 Ss 462/91).

Wer denkt, er kann sich einfach auf den Parkplatz stellen und ihn so zum Beispiel für den Ehepartner freihalten, liegt ebenso falsch: Nur Fahrzeuge können Parklücken besetzen, keine Menschen.

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Foto: nd/Ulli Winkler Wer auf einem Mutter-Kind-Parkplatz parkt, aber den Vorbehalt auf diesen Platz gar nicht erfüllt, muss wegen dieser Missachtun­g nicht mit einem Bußgeld rechnen.

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