Das Unwort Kohleausstieg
Die SPD in Brandenburg wie auch auf Bundesebene nimmt es mit der Energiewende nicht allzu ernst. Noch immer ignoriert man, dass die Kohleverstromung ein Auslaufmodell ist. Wer sich in diesem Land mit Energiepolitik befasst, schaut eigentlich nur noch auf die Zeit nach der Bundestagswahl. Da gibt es bereits, je nach politischer Ausrichtung, lange Wunschlisten, was der Gesetzgeber ab dem Herbst alles umsetzen soll: Die einen wollen das Ende der Kohleverstromung, einen CO2-Preis und endlich die steuerliche Absetzbarkeit der Gebäudesanierung. Andere wollen die Stromsteuer kippen oder die EEG-Umlage ganz abschaffen. Das forderte am Dienstag nicht etwa einer der dafür bekannten Unionspolitiker, sondern der brandenburgische Wirtschaftsminister Albrecht Gerber (SPD).
Natürlich begründete Gerber das mit dem alten Beispiel, dass die EEG-Umlage die »Friseurin unverhältnismäßig stärker belastet als den gut verdienenden Fondsmanager, der sein Geld in Windparks investiert«. Nun gut – früher war es immer der Zahnarzt, der sich am grünen Strom reich scheffelte ... Was sich allerdings ändern würde, wenn die EEG-Umlage tatsächlich künftig aus dem Bundeshaushalt bezahlt wird und nicht mehr von den Stromkunden, bleibt sein Geheimnis. Aus des Ministers Sicht soll es offenbar auch bei den Milliardenrabatten für energieintensive Industrien bleiben, die gerade private Haushalte besonders belasten. Dass da jedes Jahr fünf Milliarden Euro umverteilt werden, ist aus Gebers Sicht nicht ungerecht.
In dem am Wochenende beschlossenen SPD-Wahlprogramm findet sich übrigens kein Wort von einer »ungerechten« EEG-Umlage, die aus dem Bundeshaushalt finanziert werden soll. Die Sozialdemokraten vermeiden aber auch jeden programmatischen Anschein, sie würden die Kohle irgendwie für ein Auslaufmodell halten. Nur ganz allgemein ist die Rede davon, dass sich der Strukturwandel in der Energiewirtschaft fortsetzt. Besondere Herausforderungen gebe es, fahren die Genossen fort, in den Braunkohleregionen. Dort müssten »regionalwirtschaftliche Strukturen auf- und ausgebaut werden, die an die industrielle Tradition dieser Regionen anknüpfen und gute, tarifvertraglich gesicherte Arbeit fördern«.
Für die derzeit noch Regierenden ist der Kohleausstieg inzwischen schon zu einer Art Unwort geworden. Das einzige Gremium, das für die Zeit nach der Wahl energiepolitisch schon beschlossene Sache ist, firmierte eine Zeit lang als Kommission »Klimaschutz und Vollendung der Energiewende«, bis sie den nichtssagenden Titel »Wachstum, Strukturwandel und Regionalentwicklung« verpasst bekam. Diese Kommission soll bis Mitte 2018 nun Vorschläge entwickeln, wie Klimaschutzziele und wirtschaftliche Entwicklung unter einen Hut zu bekommen sind. Bis jetzt sieht es so aus, als hätte die Wirtschaft und nicht der Klimaschutz da den Hut auf.