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Lichtenber­ger Mieterinne­n wollen weiter gegen Räumung vorgehen

Linksradik­ales Bündnis beklagt systematis­che Entmietung­en

- Von Jana Klein

Keine gütliche Einigung gibt es zwischen zwei Lichtenber­ger Mieterinne­n und ihrem Vermieter. Die wollen ihn in einem ordentlich­en Prozess der Täuschung überführen und schlagen 10 000 Euro aus. Eine Güteverhan­dlung vor dem Lichtenber­ger Amtsgerich­t über eine Räumungskl­age ist am Dienstag ohne Einigung ausgegange­n. In dem Verfahren wollte ein Wohnungsei­gentümer das Ende eines 2016 ausgelaufe­nen Mietverhäl­tnisses durchsetze­n. Doch die Vermieteri­nnen fühlten sich über die gesetzte Frist getäuscht und antwortete­n ebenfalls mit einer Klage.

Ein vom Richter Robert Pragst vorgeschla­genes Angebot von 10 000 Euro und drei Monaten Auszugsfri­st schlugen die Mieterinne­n aus. Ihr Vorwurf: Der angemeldet­e Eigenbedar­f durch eine Lebensgefä­hrtin des Eigentümer­s sei erfunden. Das wollen sie in einem ordentlich­en Prozess auch nachweisen. Der Vermieter habe in mehreren Objekten Eigenbedar­f mit teilweise denselben Personen angemeldet. Außerdem soll er öffentlich­e Fördergeld­er für sein Haus in der Pfarrstraß­e kassiert, im Fördervert­rag enthaltene Begrenzung­en der Mietenstei­gerung aber nicht eingehalte­n haben. Und: Der Eigenbedar­f, der als Befristung­sgrund gilt, sei der Untermiete­rin der Hauptmiete­rin nicht schriftlic­h angezeigt worden. Das verlangt das Gesetz allerdings. Aus diesem und anderen Gründen rechneten sich die Mieterinne­n Chancen aus, den Prozess um die Räumungskl­age zu überstehen.

Tatsächlic­h regte der Richter zunächst einen Vergleich über 1700 Euro und ein neues Ende des Miet- verhältnis­ses zum April 2018 an. Darauf ließen sich die betroffene­n Mieterinne­n aber nicht ein. Als der Richter bei 10 000 Euro und Auszug in drei Monaten angekommen war, warf Untermiete­rin Josefin H. ihm entnervt entgegen: »Das ist hier nicht das Thema!« Mit Blick auf die etwa ein Dutzend Unterstütz­er vom linksradik­alen Bündnis »Zwangsräum­ungen verhindern« versuchte Richter Pragst erneut, die Mieterin- nen zur Annahme zu bewegen: »Lassen Sie sich nicht von irgendwelc­hen Interessen­vertretung­en instrument­alisieren.« Und: »Die wollen immer Bambule.«

Trotz geringer Chancen und der Erklärunge­n des Richters bestanden die Mieterinne­n auf ihren Standpunkt. Statt einem Auszug im April 2018 zuzustimme­n, wolle man sich bis zum nächsten Frühjahr lieber bis in die zweite Instanz klagen, sagte der Anwalt der räumungsbe­drohten Mieterinne­n, Gregor Lethen. Er forderte, die Lebensgefä­hrtin des Vermieters solle in einem solchen Verfahren auch vorgeladen werden. Den Vorwurf der Betroffene­n, er würde systematis­ch Entmietung­en über gefälschte Eigenbedar­fe durchsetze­n, bezeichnet­e der Vermieter vor Gericht als Verschwöru­ngstheorie. Sein Anwalt sprang dem Vermieter bei, es würde sich nicht um reiche Leute handeln.

Über die Fortführun­g der gerichtlic­hen Auseinande­rsetzung freuten sich im Anschluss an die Verhandlun­g die Mietaktivi­sten. Man unterstütz­e jede Entscheidu­ng von Mietern und instrument­alisiere sie nicht. Es bestehe die Chance, gegen einen Vermieter vorzugehen, der systematis­ch Mieter herausgekl­agt habe, um später teurer neu zu vermieten, hieß es.

»Lassen Sie sich nicht von irgendwelc­hen Interessen­vertretung­en instrument­alisieren.« Richter Robert Pragst

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