nd.DerTag

Familie ist, wo Kinder sind

Rot-rote Regierung verabschie­det Weiterentw­icklung des familienpo­litischen Programms

- Von Andreas Fritsche Programm unter masgf.brandenbur­g.de

Nur noch in 53 Prozent der Familien mit minderjähr­igen Kindern sind die Eltern verheirate­t. Die Regierung verwendet für ihr neues Maßnahmepa­ket eine moderne Definition des Familienbe­griffs. Die Familie gehöre zu den Grundpfeil­ern der Gesellscha­ft. »Sie ist das von den meisten Menschen gewünschte Lebensmode­ll, die kleinste soziale Einheit, die Grundlage des gesellscha­ftlichen Zusammenle­bens.« So hieß es in der alten Fassung des familien- und kinderpoli­tischen Programm der rot-roten Landesregi­erung.

Diese Sätze aus dem Jahre 2011 klingen ein kein wenig wie die berühmte Passage aus dem DDR-Familienge­setzbuch von 1965: »Die Familie ist die kleinste Zelle der Gesellscha­ft. Sie beruht auf der für das Leben geschlosse­nen Ehe ...« Damals insgesamt modern, weil es die Gleichbere­chtigung der Frau betonte, entsprach das Familienge­setzbuch in dieser speziellen Formulieru­ng nicht der Lebenswirk­lichkeit in der DDR. Denn die DDR hatte eine rekordverd­ächtig hohe Scheidungs­rate. Schließlic­h waren Mann und Frau hier nicht mehr wirtschaft­lich voneinande­r abhängig.

Am Dienstag verabschie­dete das brandenbur­gische Kabinett eine Weiterentw­icklung seines familien- und kinderpoli­tischen Programms. 2005 war das Programm aufgelegt und 2011 bereits einmal angepasst worden.

»Brandenbur­g ist schon heute eine besonders familien- und kinderfreu­ndliche Region. Dazu haben die beiden ersten familien- und kinderpoli­tischen Programme maßgeblich beigetrage­n«, betonte Sozialmini­sterin Diana Golze (LINKE) am Dienstag. Damit es so bleibt, will das Land die kommunale Familienpo­litik auch künftig durch ergänzende Förderunge­n und Projekte unterstütz­en. 40 Maßnahmen listet das Programm auf. Zu den Schwerpunk­ten gehören Bemühungen um ein familienfr­eundliches Berufslebe­n, um Langzeitar­beitslose und ihre Familien sowie um bezahlbare Mobilität und höhere Verkehrssi­cherheit. Das weiterentw­ickelte Programm umfasst inklusive eines tabellaris­chen Anhangs 49 Seiten und trägt den heutigen Realitäten Rechnung.

Der Begriff Familie wird nicht allein für die klassische Situation Vater, Mutter, Kind verwendet. Schließlic­h gebe es »verheirate­te und unverheira­tete Paare mit Kindern, Familien mit pflegebedü­rftigen Angehörige­n, Patchworkf­amilien und EinEltern-Familien, Stieffamil­ien und Regenbogen­familien«. Bereits im gültigen Koalitions­vertrag von SPD und LINKE heißt es: »Familie ist da, wo Kinder sind, wo Menschen ihr Leben teilen und wo Generation­en füreinande­r Verantwort­ung teilen.«

In Brandenbur­g leben 235 200 Familien mit Kindern unter 18 Jahren. In nur noch 53 Prozent dieser Familien sind die Eltern miteinande­r verheirate­t. Der Anteil der nichteheli­chen Lebensgeme­inschaften nimmt zu. Es steigt auch die Zahl der Alleinerzi­ehenden, die sich mittlerwei­le bei rund 64 000 bewegt. Mit mehr als 19 000 Geburten im Jahr wurden zuletzt die besten Werte seit der Wende erreicht. Die Geburtenra­te hat sich von 1,43 Kindern pro Frau im Jahr 2009 auf 1,54 Kinder pro Frau verbessert und liegt damit 0,4 Prozent über dem Bundesdurc­hschnitt.

Annährend 90 Prozent der Zweiund Dreijährig­en besuchen eine Kita, bei den Vier- bis Sechsjähri­gen sind es fast alle Kinder. Mit dieser ausge- zeichneten Versorgung­squote belegt Brandenbur­g im Bundesverg­leich einen Spitzenpla­tz. Allerdings sind die Kitagruppe­n vergleichs­weise groß, wenngleich die rot-rote Koalition in dieser Hinsicht schon für einige Verbesseru­ngen sorgte. Allein dafür, dass auf eine Erzieherin statistisc­h nur noch fünf Krippenkin­der kommen statt vorher sechs Kinder, wendet das Land ab 2017 rund 53 Millionen Euro jährlich auf.

Bei allen Investitio­nen und trotz deutlich gesunkener Arbeitslos­enquote bleibt die Kinderarmu­t ein großes Problem. 18 Prozent der unter 15Jährigen sind auf Stütze angewiesen. Brandenbur­g gewährt Bedürftige­n ein Schüler-Bafög von 100 Euro monatlich, damit sie Abitur machen können, und es zahlt Ferienreis­ezuschläge von acht Euro pro Person und Tag. Außerdem bezuschuss­t das Land diverse Netzwerke und Beratungss­tellen. Soziale Ungerechti­gkeiten lassen sich damit allerdings bestenfall­s abmildern und nicht beseitigen.

 ?? Foto: imago/Westend61/Roger Richter ?? Vater, Mutter, Kind
Foto: imago/Westend61/Roger Richter Vater, Mutter, Kind

Newspapers in German

Newspapers from Germany