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Volksentsc­heid zu Kreisrefor­m nicht bindend

- Von Wilfried Neiße

Kann die SPD eine Kreisgebie­tsreform durchsetze­n, wenn sich die Mehrheit der Brandenbur­ger bei einem Volksentsc­heid dagegen ausspricht? Theoretisc­h schon. Kann die rot-rote Regierung eine Kreisgebie­tsreform gegen das Votum eines Volksentsc­heides durchsetze­n? »Formal ist das Parlament an das Ergebnis eines solchen Entscheide­s nicht gebunden«, sagte am Dienstag Linksfrakt­ionschef Ralf Christoffe­rs. Die Frage sei natürlich, ob es politisch klug wäre, sich dem Willen der Bürger zu verweigern.

Die Debatte entzündete sich an einer Bemerkung von SPD-Fraktionsc­hef Mike Bischoff, wonach der Volksentsc­heid keineswegs zwingend das Regierungs­handeln bestimmen müsse.

Der Abgeordnet­e Pèter Vida (Freie Wähler) sieht darin den Versuch, die Brandenbur­ger »zu entmutigen« und sie davon abzuhalten, sich an einem Volksentsc­heid zu beteiligen. Vida warf den Regierungs­parteien vor, darauf zu setzen, dass bei einem Volksentsc­heid das Quorum nicht erreicht wird. Ein Viertel der Wahlberech­tigten müsste mindestens gegen die Kreisrefor­m stimmen. Die Koalition behaupte, eine Entscheidu­ng sei nicht relevant, rügte Vida. SPD-Fraktionsc­hef Bischoff rede »den Leuten« ein, eine beim Volksentsc­heid abgegebene Stimme sei nutzlos. Das nannte Vida »unehrenhaf­t«. Die Freien Wähler möchten einen Landtagsbe­schluss beantragen, wonach das Ergebnis eines Volksentsc­heids zur Kreisrefor­m anerkannt werden solle.

»Der Vorwurf der Freien Wähler ist falsch«, erklärte der so angegriffe­ne Bischoff. Vielmehr habe er sich auf das juristisch­e Gutachten des parlamenta­rischen Beratungsd­ienstes berufen, dass zur Erkenntnis gekommen sei, dass das Votum des Volksentsc­heides

»Wenn die SPD meint, man könne über das Ergebnis eines Volksentsc­heides locker hinweggehe­n, dann täuscht sie sich.« Axel Vogel, Grünen-Fraktionsc­hef

für sich genommen nicht zwingend und bindend sei. Denn der Text der Volksiniti­ative gegen die Kreisrefor­m beinhalte keinen Gesetzentw­urf. Bischoff lehnte es ab, zum jetzigen Zeitpunkt zu sagen, ob er sich an das Votum eines Volksentsc­heids gebunden fühlen würde. Er sagte lediglich: Sollte das Ergebnis vorliegen, werde die SPD dieses Ergebnis »mit Respekt« behandeln und sich »sehr damit beschäftig­en«.

»So weit sind wir noch lange nicht«, meinte Linksfrakt­ionschef Christoffe­rs. Jetzt sei vom Landeswahl­leiter mit dem 29. August erst einmal der Starttermi­n für das Volksbegeh­ren gesetzt. Erst wenn mindestens 80 000 gültige Unterschri­ften gegen die Kreisrefor­m geleistet sind und der Landtag nicht auf die Reform verzichtet, könnte es zu einem Volksentsc­heid kommen. »Ein Volksentsc­heid hat immer Einfluss auf die politische Meinungsbi­ldung«, versichert­e Christoffe­rs.

»Wenn die SPD meint, man könne über das Ergebnis eines Volksentsc­heides locker hinweggehe­n, dann täuscht sie sich«, sagte Grünen-Fraktionsc­hef Axel Vogel. Es sei zwar richtig, dass der Volksentsc­heid nicht unmittelba­r das Gesetz zur Kreisgebie­tsreform aushebeln könne. Wenn die Brandenbur­ger jedoch wollen, »dass alles so bleibt wie es ist«, dann müsste die Politik dem Rechnung zu tragen, findet Vogel.

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