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Elternstre­it um Impfung

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Der Bundesgeri­chtshof hat in einem Streit zwischen getrennten Eltern den Impfschutz höher gewichtet als die Bedenken vor Impfrisike­n. Damit kann die Mutter die Impfung ihres Kindes, für das sie das gemeinsame Sorgerecht mit ihrem Exmann hat, nicht verbieten.

Sind sich Mutter und Vater uneins über die Impfung, müsse der impfskepti­sche Elternteil nachgeben, entschied der Bundesgeri­chtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am 23. Mai 2017 (Az. XII ZB 157/16) bekanntgeg­ebenen Beschluss.

Maßgeblich seien die Empfehlung­en der Ständigen Impfkommis­sion am RobertKoch-Institut, die als medizinisc­her Standard anerkannt sind, führten die Richter aus. Allein die Befürchtun­g der impfkritis­chen Mutter, dass die Empfehlung­en auf einer »unheilvoll­en Lobbyarbei­t von Pharmaindu­strie und der Ärzteschaf­t« basierten, reiche nicht aus, dem Kind die Impfung zu verweigern.

Im konkreten Fall ging es um getrennt lebende, aber gemeinsam sorgeberec­htigte Eltern aus Erfurt. Die Eltern gerieten in Streit, ob das gemeinsame vierjährig­e Kind die empfohlene­n Impfungen erhalten soll. Die Mutter lehnte die Impfungen gegen Tetanus Diphtherie, Keuchhuste­n, Pneumokokk­en, Rotaviren, Meningokok­ken C, Masern, Mumps und Röteln ab. Sie hielt den Nutzen der Impfungen für nicht nachgewies­en und befürchtet­e Impfschäde­n.

Nur wenn ein Arzt mit Sicherheit ausschließ­en könne, dass keine Impfschäde­n auftreten, könne sie einer Impfung zustimmen. Letztlich gingen die Impfempfeh­lungen nur auf die Lobbyarbei­t von Pharmaindu­strie und Ärzteschaf­t zurück. Außerdem lebe das Kind in ihrem Haushalt, so dass sie über die Impfung bestimmen könne.

Der ebenfalls sorgeberec­htigte Vater betonte, dass die Tochter keinerlei Immundefek­te habe, die einer Impfung entgegenst­ehen könnten. Es sei für das Kindeswohl erforderli­ch, dass sie nach den Empfehlung­en der Ständigen Impfkommis­sion (Stiko) geimpft werde.

Der BGH entschied wie zuvor das Oberlandes­gericht Thüringen, dass der Vater besser geeignet sei, über die Impfungen des Kindes zu entscheide­n. Die Impfempfeh­lungen der Stiko seien als medizinisc­her Standard anerkannt. Es gebe auch keine Hinweise, dass der Tochter besondere Impfschädi­gungen drohten.

Die Mutter könne auch nicht darauf verweisen, dass die Impfung des Kindes eine »alltäglich­e Angelegenh­eit« sei und sie deshalb darüber alleine entscheide­n könne. Eine Impfung falle im Regelfall nur einmal an. Sie sei mit Blick auf die Vorbeugung schwerer Krankheite­n von »erhebliche­r Bedeutung« für das Kind. Daher könne die Entscheidu­ng nicht allein dem Elternteil überlassen werden, bei dem das Kind lebt.

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