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Auf der Suche nach dem Triple-Win

Globales Forum berät in Berlin über Vertrag, der Migration zum Nutzen aller regelt

- Von Martin Ling

Auf dem »Global Forum on Migration and Developmen­t« beraten Vertreter aus rund 140 Staaten in Berlin drei Tage lang über ein Abkommen zur Regelung von Migration. Der Anspruch ist ehrgeizig: Bis zum Januar 2018 soll der Rohentwurf für den »Global Compact on Migration« auf dem Tisch liegen – nicht weniger als ein globaler Gesellscha­ftsvertrag für eine sichere, geordnete und reguläre Migration. Der Haken: Das Werk wird auf unverbindl­icher und somit nicht einklagbar­er Basis erstellt.

Was unter dem damaligen UNOGeneral­sekretär Kofi Annan 2006 seinen Anfang nahm, soll durch den »Global Compact on Migration« in eine Form gegossen worden. Annan rief das Global Forum on Migration and Developmen­t (GFMD) ins Leben, um die globale Migration unter Einbezug der Expertise aus der Zivilgesel­lschaft zu gestalten und unter der Prämisse: Migration ist summa summarum positiv. Rund 250 Millionen Menschen leben derzeit nach Schätzunge­n der Vereinten Nationen in einem anderen Land als dem ihrer Geburt, der Anteil der Migranten an der Weltbevölk­erung ist dabei in den vergangene­n Jahren relativ konstant geblieben und das, obwohl die Zahl der über Ländergren­zen in die Flucht Getriebene­n in diesem Zeitraum zugenommen hat.

Seit dem 28. Juni und noch bis zum 1. Juli 2017 läuft das turnusmäßi­ge alljährlic­he Treffen des GFMD in Berlin. Deutschlan­d teilt sich derzeit mit Marokko den Vorsitz, kommendes Jahr soll das Treffen in dem nordafrika­nischen Land stattfinde­n. Wenn alles glatt läuft: Dass der marokkanis­che Außenminis­ter Nasser Bourita, der die Konferenz eigentlich zusammen mit seinem deutschen Konterpart Sigmar Gabriel hätte eröffnen sollen, entschuldi­gt fern blieb, wirft ein Schlaglich­t auf Gründe für Migration: Das Königreich wird seit Monaten von einer innenpolit­ischen Krise erschütter­t, weil sich junge Menschen in ländlichen Regionen vom Staat vernachläs­sigt fühlen. Auch aus verarmten Gegenden Marokkos waren in den vergangene­n Jahren Tausende mit Schleppern nach Europa gekommen. Marokko ist zudem Transit- und Zielland von Migranten aus anderen afrikanisc­hen Staaten.

Sigmar Gabriel machte sich auf der Konferenz erneut für ein Einwanderu­ngsgesetz stark und betonte, dass Abschottun­g nicht die Lösung für Fluchtursa­chen sein könne. Angesichts der niedrigen Geburtenra­te in Deutschlan­d könne Zuwanderun­g »durchaus auch im wirtschaft­lichen Eigeninter­esse« sein, meinte der SPDPolitik­er.

Dass die Diskussion im GFMD derzeit weniger menschenre­chtsbasier­t als vielmehr sehr auf ökonomisch­en Mehrwert ausgericht­et ist, kritisiert Sophia Wirsching. Aus der Sicht der Referentin für Migration und Entwicklun­g bei Brot für die Welt müsste der »Global Compact on Migration« auf eine »Triple-Win-Migration« abzielen, von der Ziel- und Herkunftsl­änder ebenso wie Migranten profitiert­en. In Sicht ist das nicht, auch wenn Gabriel verkündete, es brauche klare Vereinbaru­ngen, die die Interessen aller in den Blick nähmen. Bis zur Realisieru­ng der migrantisc­hen Forderung »Nichts über uns, ohne uns« ist es noch ein weiter Weg.

Rund 250 Millionen Menschen leben derzeit nach Schätzunge­n der Vereinten Nationen in einem anderen Land als dem ihrer Geburt.

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