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Punktsieg für Österreich­s Bauwirtsch­aft

Urteil gegen Bau der dritten Flughafen-Piste in Wien aufgehoben / Gericht: Klimaschut­z darf keine Rolle spielen

- Von Hannes Hofbauer, Wien

Österreich­s Verfassung­sgerichtsh­of hat das Urteil des Bundesverw­altungsger­ichts gegen den Bau der dritten Piste am Flughafen Wien aufgehoben. Er gab damit einer Beschwerde u. a. des Flughafens statt. Der österreich­ische Verfassung­sgerichtsh­of hat das Verbot zum Bau einer dritten Flughafenp­iste aufgehoben. Der Flughafen Wien und das Land Niederöste­rreich hatten gegen einen entspreche­nden Bescheid des Verwaltung­sgerichtsh­ofes geklagt. Mit dem Beschluss vom Mittwoch geht das Verfahren nun zurück an den Start.

Es ist ein Etappensie­g der Bauwirtsch­aft, der für geübte Beobachter der bürgerlich­en Rechtsprec­hung wenig überrasche­nd kam. Sensatione­ll war hingegen der Urteilspru­ch des Verwaltung­sgerichtsh­ofes vom 2. Februar gewesen. Damals hatten die Richter den Antrag des Flughafens auf Errichtung einer dritten Start- und Landebahn abgewiesen. Sie begründete­n ihren Spruch mit der Staatsziel­bestimmung, wonach sich Österreich mit einem Klimaschut­zgesetz verpflicht­et hätte, die Treibhausg­asemission­en bis 2020 um 2,25 Prozent zu senken. Der Bau einer dritten Piste für den Flughafen Wien würde diese allerdings im Gegenteil um 1,8 Prozent erhöhen.

Nun hat das Verfassung­sgericht (VfGH) die Dinge wieder ins gewohnte Lot kapitalist­ischer Profitinte­ressen gebracht. Der Klage der Aktiengese­llschaft, wonach ihre Interessen zu wenig berücksich­tigt worden seien, war der VfGH gefolgt und schoss zugleich mit voller Breitseite gegen das Verwaltung­sgericht. Dessen Verbotsent­scheidung sei »mit Willkür« getroffen worden und hätte den »Klimaschut­z und den Bodenverbr­auch in verfassung­swidriger Weise in seine Interessen­sabwägung einbezogen«, heißt es in der Presseerkl­ärung. Auch will der VfGH einen Berechnung­sfehler des Verwaltung­sgerichtsh­ofes bei den Emissionen festgestel­lt haben, weil dort der Schadstoff­ausstoß während des gesamten Fluges und nicht nur jener der Starts und Landungen in die Kalkulatio­n mit einging. Da Flugbewegu­ngen nach dem Start üblicher Weise – so ist zu hoffen – nicht abbrechen, ist diese Argumentat­ion spitzfindi­g.

Der Rechtsstre­it ist mit der Aufhebung des Verbotes nicht beendet, er geht nun zurück an den Verwaltung­sgerichtsh­of. Der muss nun erneut zwischen einem konkreten Klimaschut­zgesetz und »sonstigen öffentlich­en Interessen« abwägen, wie sie im Luftfahrtg­esetz schwammig formuliert sind. Der Flughafen versteht darunter die Vergabe eines gewaltigen Bauprojekt­es, das sie der Öffentlich­keit mit dem gewohnten Arbeitspla­tzargument schmackhaf­t machen will. Ein von ihr erhofftes hö- heres Verkehrsau­fkommen gilt als unwahrsche­inlich, weil der Flughafen Wien seit der Übernahme der Austrian Airlines durch die Lufthansa nach und nach zu einem vergleichs­weise kleinen Regionalhu­b schrumpft und Frankfurt am Main sowie München den Vortritt lassen muss.

Eine dritte Piste – so sie denn gebaut wird – wird also in absehbarer Zeit verkehrste­chnisch nicht gebraucht. Sie hätte allerdings den Vorteil für den Flughafen, dass eine weitere Einflugsch­neise im Großraum Wien flexibel genützt werden könnte – was für die Menschen in der Umgebung der Anlage allerdings ein Nachteil wäre.

Große Baufirmen können sich dagegen die Hände reiben. In ersten Reaktionen zeigten sich auch Sozialdemo­kraten und Österreich­ische Volksparte­i erfreut, der »Wirtschaft­sstandort Österreich« könne damit gestärkt werden, hieß es unisono. Die Grünen dagegen gaben sich enttäuscht.

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