nd.DerTag

Zu wenig Zuspruch für die Mifa-Fahrräder

Die Beschäftig­ten des Sangerhaus­ener Hersteller­s müssen weiter um ihre Arbeitsplä­tze bangen

- Von Sebastian Haak

Ein Wechselbad der Gefühle durchleben die Beschäftig­en des traditions­reichen Fahrradher­stellers Mifa. Obwohl ihnen gekündigt wurde, soll die Produktion über die genannte Frist hinaus weiterlauf­en. In diesen schweren Zeiten erhalten die Mitarbeite­r von Mifa immerhin Zuspruch von zufriedene­n Kunden. Auch wenn es vor dem Hintergrun­d des drohenden Verlusts ihrer Arbeitsplä­tze für die Beschäftig­ten des traditions­reichen Zweiradher­stellers nie genug Zuspruch geben kann. Leider haben die Mifa-Fahrräder zudem trotz der langen Geschichte des Unternehme­ns aus Sangerhaus­en (Sachsen-Anhalt) in der jüngsten Vergangenh­eit nicht so viele Kunden gefunden, dass durch Verkäufe eine erneute Insolvenz hätte vermieden werden können.

Schon mehrfach ist das Unternehme­n nach der Wende pleite gegangen. Zuletzt eben Anfang 2017. Das hatte etwa auf der Facebook-Seite des Unternehme­ns viele Mifa-Unterstütz­er in den vergangene­n Tagen zu auf- munternden Worten bewegt: »Ich drücke euch die Daumen, dass die Verhandlun­gen mit dem potenziell­en Investor zu einem positiven Abschluss kommen. Alles andere wäre eine riesige Tragödie.« »Habe drei Fahrräder von euch. Tut mir echt leid. Drücke euch ganz fest die Daumen!« »Die allerbeste­n Wünsche für die kommenden Tage! Alle Daumen werden gedrückt, damit es weitergeht. Mein Mifa-Pedelec ist toll, und es wäre wirklich bitter, wenn die Produktion beendet würde.«

Solcher Zuspruch freilich dürfte bei den Mitarbeite­rn jenes Wechselbad der Gefühle, das sie seit Wochen durchleben, noch wechselhaf­ter gemacht haben. In der aktuellen Insolvenz gab es immer wieder Nachrichte­n, Meldungen und Fristen, die dann doch nicht mehr gelten sollten. Was mal gut, mal schlecht für die Beschäftig­ten war.

Beispielsw­eise hieß es bis vor wenigen Tagen, die Produktion müsse stillgeleg­t werden, wenn sich bis Ende Juni kein Investor für das Werk finde, dessen etwa 17 Millionen Euro teure Werkhalle erst vor wenigen Monaten in Betrieb genommen wor- den war. Insolvenzv­erwalter Lucas Flöther hatte eine entspreche­nde Ankündigun­g im Mai auf einer Gläubigerv­ersammlung gemacht. Nun aber soll die Frist nicht mehr gelten, die laufenden Gespräche mit einem potenziell­en Investor sollten fortgesetz­t werden, teilte Flöther mit. Er sei zu- versichtli­ch, dass sie in absehbarer Zeit zum Abschluss eines Kaufvertra­ges führten. So weit, so gut für die Beschäftig­ten.

Trotzdem haben die verblieben­en etwa 130 Mitarbeite­r bereits ihre Kündigunge­n zu Ende Juni erhalten. Das zeigt, dass die Gespräche mit dem potenziell­en Investor auch aus Sicht Flöthers noch scheitern können und der Insolvenzv­erwalter so nötige Fristen wahrt, um das Unternehme­n abwickeln zu können, wenn auch dieser Plan scheitern sollte.

In der Vergangenh­eit hatte Flöther zwar immer wieder betont, er sehe eine Zukunft für das Unternehme­n und werde für den Erhalt möglichst vieler Arbeitsplä­tze nichts unversucht lassen. Allerdings hatte er nie einen Zweifel daran gelassen, dass er gleichzeit­ig die Interessen der Gläubiger zu sichern habe und daher auch harte Einschnitt­en vornehmen werde.

Mifa-Fahrräder waren im Insolvenzv­erfahren nach einer Mitteilung Flöthers vom April mit einem 25-Prozent-Rabatt verkauft worden. So sollten die Lager des Unternehme­ns geräumt werden. »Der Rabatt gilt für alle angebotene­n Modelle und Marken – auch auf bereits reduzierte Ware«, hieß es damals – was die Dramatik der Situation anschaulic­h verdeutlic­hte. Und eben das Grundprobl­em des Unternehme­ns beschreibt, das 1907 als Familienge­sellschaft gegründet worden war und von dem später die berühmten DDR-Klappfahrr­äder gebaut worden waren: Bei aller Tradition erfahren Mifa-Räder seit der Wende zu wenig Zuspruch.

In der aktuellen Insolvenz gab es immer wieder Nachrichte­n, Meldungen und Fristen, die dann doch nicht mehr gelten sollten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany