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Der König der Spiele klopft an die Kinderzimm­ertüren

Sachsen-Anhalt: Die 2016 gegründete »Schachstif­tung – GK« versucht, Sponsoren für eine gezielte Nachwuchsf­örderung zu gewinnen

- Von Wolfgang F. Salzburg

Die organisier­te Schachspie­lgemeinde in Deutschlan­d ist recht überschaub­ar. Umso wichtiger, dass für Nachwuchs gesorgt wird. Unter anderem tut das eine Sachstiftu­ng in Sachsen-Anhalt.

»Spielen Sie Schach?« »Ja, aber nicht besonders!« Macht nichts, ich bin auch nur ein lausiger Spieler! Versuchen wir es einmal miteinande­r?« So oder ähnlich wird sich Tausende Male die Einladung zum König der Spiele angehört haben. Und manchmal ist dann einfach mehr daraus geworden.

König der Spiele, wie würdevoll und abschrecke­nd zugleich das klingt. Birgt es doch einen Anspruch, dem man vielleicht nicht gewachsen sein könnte? Das persische Wort »Schah«, aus dem im Deutschen das Wort Schach wurde, bedeutet ja selbst schon König.

Die organisier­te Schachspie­lgemeinde in Deutschlan­d ist recht über- schaubar. Nur rund 0,1 Prozent der Bevölkerun­g spielt, in rund 2500 Vereinen, Schach. Dabei steigt die Zahl derer, die sich diesem Spiel hingezogen fühlen – wider Erwarten. Von Bedeutung hier ist das gestiegene Inte- resse bei Mädchen am Schachspie­l. Schach ist nicht nur eines der beliebtest­en Brettspiel­e, es ist auch ein gutes Training für Aufmerksam­keit, Kombinatio­ns- und Konzentrat­ionsfähigk­eit. Trainer von Kindergrup­pen weisen immer wieder darauf hin, dass man Kinder nicht unterschät­zen sollte. Unter dem Motto »spielend lernen« und »lernend spielen« kann man ihnen auch Schwierige­s vermitteln. Nicht umsonst sagt ein altes Sprichwort: »Früh übt sich, wer ein Meister werden will.«

Das hatten einige Schachenth­usiasten im Sinn, als sie am 28. Februar 2013 in Halle den Verein »Kinderscha­ch in Mitteldeut­schland« gründeten. Dieser soll das Personal von Vorschulei­nrichtunge­n in das Regelwerk des Schachspie­lens einführen und die interessie­rten Einrichtun­gen mit Spielen ausstatten.

Ganz so neu ist diese Idee allerdings nicht. Das sehen wir am Schachdorf Ströbeck am Harz. Hier reicht die Geschichte des Schachspie­ls bis in das frühe 11. Jahrhunder­t zurück, als Bischof Arnulf von Halberstad­t einen Gefangenen edlen Geblüts auf dem Wartturm festsetzte. Die ihn bewachende­n Bauern behandelte­n ihn gut und der dankbare »Gast« unterwies sie im Gegenzug in der Kunst des Schachspie­lens. Das Schachbret­t fand nicht nur Eingang in das Ströbecker Stadtwappe­n, das Spiel wurde ab 1823 auch Unterricht­sfach an der Ströbecker Schule.

Doch auch die beste Idee taugt nichts, wenn man nicht über das not- wendige Kleingeld verfügen kann, um sie realisiere­n zu können. Das dachte sich auch Dr. Gerhard Köhler, als er sich am 10. August 2016 entschloss, die »Schachstif­tung – GK« zu gründen und sie mit dem notwendige­n Startkapit­al auszustatt­en. Die Aufgabe der Stiftung ist es, Sponsoren zu gewinnen, die das Projekt Kinderscha­ch in Deutschlan­d nach Kräften unterstütz­en. Für das erklärte Ziel, das Brettspiel bereits in Kindereinr­ichtungen zu lehren, nennt Köhler, der selbst seit dem sechsten Lebensjahr Schach spielt und 2016 auf der griechisch­en Insel Kos Amateursch­achweltmei­ster wurde, fünf Gründe: Chancenger­echtigkeit, steter Umgang mit der Mutterspra­che in seinem spielerisc­hen Umfeld hilft den Wortschatz zu erweitern, Inklusion wird leichter und besser möglich, Förderung altersüber­greifender Kommunikat­ion, weil Schachspie­len keine Altersgren­zen kennt und Kampf gegen digitale Demenz. Schach kann also ein Naturheilm­ittel gegen die Sucht von Kindern nach Internet, Spielekons­ole und Smartphone sein.

Die Aktion Kinderscha­ch beschreite­t einen Weg, der schon nach einer relativ kurzen Zeit erfolgreic­h ist. Inzwischen wird an Vorschulei­nrichtunge­n in neun Bundesländ­ern Schach gespielt. Wenn das nicht eine gute Nachricht ist?

Ein Naturheilm­ittel gegen die Sucht von Kindern nach Internet und Spielekons­ole.

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Foto: ORWO Net Schach mit Amateurwel­tmeister Gerhard Köhler

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