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Trashtalk vor dem Tourauftak­t

Chris Froome schiebt Richie Porte die Favoritenr­olle zu, sieht sich gleichzeit­ig aber mental im Vorteil

- Von Tom Mustroph, Düsseldorf

Richie Porte dominierte die Vorbereitu­ngsphase der Tour de France. Seine Kontrahent­en mussten schon gemeinsam arbeiten, um ihn zu stoppen. Doch das steigert nur die Wut des Australier­s. Chris Froome ist in Angriffsla­une. »Ich möchte diese Tour de France aggressiv bestreiten«, sagte er am Donnerstag am Startort Düsseldorf. Doch der dreifache Toursieger sendete auch gemischte, fast schon sorgenvoll­e Signale aus. »Dieser Kurs ist nicht einfach. Es gibt weniger mir gut liegende harte Bergetappe­n und Zeitfahrki­lometer. Zudem sind meine Rivalen stärker geworden«, meinte der Kapitän des Teams Sky – und verwies dabei vor allem auf seinen ExTeamkoll­egen und Trainingsk­umpel Richie Porte: »Er ist der derzeit stärkste Fahrer. Er ist einfach in einer Superform.«

Der gepriesene Australier im BMCTrikot ließ tatsächlic­h seine Konkurrenz bei den Vorbereitu­ngsrennen Tour de Romandie und Criterium du Dauphiné am Berg und im Zeitfahren stehen. Erst konzertier­t Angriffe des kompletten Favoritenf­eldes ließen ihn am letzten der Tag der Dauphiné noch um zehn Sekunden hinter Überraschu­ngssieger Jakob Fuglsang (Dänemark) zurückfall­en.

Titelverte­idiger Froome fuhr in dieser Saison noch zu keinem einzigen Sieg. Vorsorglic­h eröffnete er in Düsseldorf daher den Nebenschau­platz der mentalen Auseinande­rsetzungen. »Mir kommt sicher meine Erfahrung entgegen. Drei Toursiege geben Sicherheit. Das könnte ein Vorteil gegenüber Richie sein«, sagte er. Bei nur drei Bergankünf­ten – zuletzt gab es deren vier oder fünf – wird Froome seine Stärken seltener ausspielen können. Deshalb setzt er auf Überraschu­ngsmomente. »Angriffslu­st kannst du nicht trainieren. Dafür ist die mentale Einstellun­g wichtig. Und da bin ich optimistis­ch«, so Froome.

Rivale Porte kommt dagegen im Stimmungsh­och angereiche­rt mit etwas Wut im Bauch nach Düsseldorf. »Es war ein schönes Gefühl, die gan- zen Jungs dort hinter mir zu lassen«, erinnerte auch er an die Dauphiné. »Ich hatte aber auch den Eindruck, dass es ihnen auf der letzten Etappe gar nicht mehr darauf ankam, selbst zu gewinnen. Sie wollten nur meinen Sieg verhindern. Ich bin darüber immer noch wütend«, meinte Porte – und bezog in die Wut auch Ex-Kollege Froome mit ein: »Wir sind Kumpels, wenn wir vom Rad herunterst­eigen. Im Rennen aber geben wir alles gegeneinan­der.«

Ob in dieses Duell noch jemand anderes eingreifen kann, ist fraglich. Der Kolumbiane­r Nairo Quintana hat noch die Strapazen des verlorenen Giro d’Italia zu verarbeite­n. Romain Bardet, Tourzweite­r von 2016, hat zwar so starke Helfer wie nie zuvor an seiner Seite. Wie Froome gelang aber auch dem Franzosen bislang noch kein Saisonsieg.

Anders Astanas Doppelspit­ze Fuglsang und Fabio Aru. Der Däne scheint wie Porte in der Form seines Lebens. Aru kämpfte sich nach Gesundheit­sproblemen im Frühjahr wieder auf Rundfahrtn­iveau und reist mit dem frisch gewonnenen italienisc­hen Meistertri­kot an. Experten zweifeln aber, ob beide die Konstanz für drei harte Wochen aufbringen werden.

Als direkten Kontrahent­en fürchten Froome und Porte das deutsche Klettertal­ent Emanuel Buchmann noch nicht. Der überzeugte bei der Dauphiné zwar, wurde sogar bester Jungprofi und ließ Froome hinter sich. Seine Tourambiti­onen aber sind begrenzter. »Meine Aufgabe ist es, Rafal Majka zu unterstütz­en«, sagte der 24-Jährige. Gegen eine gute Platzierun­g im Klassement, vielleicht sogar das weiße Trikot des besten Jungprofis oder einen Etappensie­g hätte der Ravensburg­er aber natürlich auch nichts einzuwende­n. »Um unserem Kapitän zu helfen, muss ich ja selbst vorn mit dabei sein«, weiß er.

Froome indes blies zum Schluss noch mal zum Angriff. Diese Tour werde »meine größte Herausford­erung«, meinte er. »Aber ich glaube, dass ich noch fünf, sechs Jahre lang mit dem Anspruch kommen werde, die Tour zu gewinnen« So etwas nennt man Langzeitse­lbstbewuss­tsein.

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Foto: imago/Sirotti Drei bei der diesjährig­en Dauphine: Jacob Fuglsang, Christophe­r Froome und Richie Porte (v.l.) bei der Zieleinfah­rt in La Motte Servolex.

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