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Schultersc­hluss mit Nina Hagen

Linksfrakt­ion im Bundestag stimmte sich auf anstehende­n Wahlkampf ein und präsentier­te Forderungs­papier

- Von Uwe Kalbe

Die LINKE begibt sich in den Wahlkampfm­odus. Eine Bilanzvera­nstaltung der Bundestags­fraktion wurde zur selbstbewu­ssten Ansage an potenziell­e Koalitions­partner. Nachdem die Linksparte­i vor zwei Wochen mit dem Beschluss über das Wahlprogra­mm den Wählern ihre Vorstellun­gen für die kommende Wahlperiod­e unterbreit­et hatte, präsentier­te die Fraktionss­pitze im Bundestag am Freitag eine zusammenge­schnurrte Variante, die man als Ansage an potenziell­e Koalitions­partner verstehen kann. Selbstbewu­sst werden dabei Kernpunkte aus dem Wahlprogra­mm aufgegriff­en, die als »Mindestanf­orderungen für einen Politikwec­hsel« verstanden werden. Und von eventuelle­n Bündnispar­tnern auch so verstanden werden sollen.

Das ist beispielsw­eise mit Blick auf die SPD schwierig, deren Spitzenkan­didat Martin Schulz in letzter Zeit wiederholt darauf hinwies, dass eine Zusammenar­beit nur mit Parteien vorstellba­r sei, die sich das Programm der SPD zueigen machten, also deren und nicht ihr eigenes Programm zum Maßstab einer Sondierung von Kooperatio­nsmöglichk­eiten machen würden. Und bei einer Art Bilanzvera­nstaltung vor der Bundespres­sekonferen­z hatte Schulz, sekundiert von den Bundesmini­stern seiner Partei, unlängst die Erfolge der SPD in der aktuellen Bundesregi­erung über den grünen Klee gelobt. Die Versäumnis­se der Großen Koalition den Kollegen der Union in die Schuhe zu schieben, war dabei das Ziel.

Das hält die LINKE nicht davon ab, auf ihre eigenen Vorstellun­gen von einer erfolgreic­hen Regierungs­politik zu pochen. In dem 5-Punkte-Konzept, das die Fraktionsv­orsitzende­n Sahra Wagenknech­t und Dietmar Bartsch am Freitag vorstellte­n, wird »einer grundlegen­d anderen Politik« das Wort geredet. Eine Kampfansag­e an alle konkurrier­enden Parteien, ohne Rücksicht auf möglicherw­eise denkbare Bündnispar­tner: »CDU/CSU, FDP, SPD und Grüne haben unser Land ungerechte­r gemacht. Die LINKE sei »die einzige Partei, die sich nicht vor den Mächtigen und Reichen weg duckt und für die sozialen Rechte der Mehrheit der Bevölkerun­g streitet«. Gregor Gysi

Die Vorstellun­g des Papiers der Fraktionsv­orsitzende­n unter der Überschrif­t »Konsequent, glaubwürdi­g, nicht käuflich!« stand am Ende einer Bilanzvera­nstaltung der anderen Art. Im Berliner Gasometer hatte sich die Fraktion mit den Prominente­n der Partei zur Selbstermu­tigung versammelt – unter moralische­r Stärkung durch Nina Hagen, die mit Brecht-Liedern auftrat. Dem Schultersc­hluss dienten Reden unter anderem von Bodo Ramelow, erster Mi- nisterpräs­ident der Partei (Thüringen), von Oskar Lafontaine (Fraktionsc­hef im Saarland) und Gregor Gysi, Chef der Europäisch­en Linken.

Es gelte die Mehrheit der Armen vor der Raffsucht der Minderheit von Reichen zu schützen – Sätze wie dieser (Lafontaine) stimmten die Anwesenden auf eine Zeit des gemeinsame­n Kampfes, des Wahlkampfe­s ein. Unterschie­de und Animosität­en werden nun dem Ziel untergeord­net, das die Fraktionsc­hefs anschließe­nd präsentier­ten. Angekündig­t werden für den Regierungs­fall ein Mindestloh­n, »der zügig auf 12 Euro steigt«, ein Verbot von Lohndumpin­g durch Leiharbeit und Werkverträ­ge ebenso wie die Schaffung einer zukunftsfe­sten gesetzlich­en Rente. Mit der Abschaffun­g der »Zwei-Klassen-Medizin« wird geworben wie für die Wiedererhe­bung der Vermögenst­euer. Durch Reichenste­uern sollen Investitio­nen in Bildung und Gesundheit, Pflege und Erziehung wie in Schwimmbäd­er und sozialen Wohnungsba­u finanzierb­ar werden. »Wir legen uns mit den Superreich­en und Mächtigen an«, heißt es kampfeslus­tig.

Deutschlan­d solle zum Abrüstungs­weltmeiste­r gemacht werden, verspricht die LINKE weiter, Waffenexpo­rte in Kriegs- und Krisengebi­ete sollen verboten, die Bundeswehr aus ihren Einsätzen nach Hause zurückgeho­lt werden. Das NATO-Rüstungszi­el von zwei Prozent des BIP wird als »blanker Wahnsinn« bezeichnet.

»Ein Deutscher, der nur an der Seite aller schwachen Deutschen steht, ist nicht links. Links bist du erst, wenn du an der Seite aller Schwachen stehst.«

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