Pionierin der Kleinstmolkereien
Afrika
könnte sich nach wie vor selbst ernähren, wenn man es dem Kontinent erlauben würde. Stattdessen wird alles dafür getan, dass dies nicht der Fall ist.« Diese Worte kommen aus berufenem Munde: Sie stammen von Korotoumou Gariko, der Pionierin der Kleinstmolkereien in Burkina Faso. Seit 1987 produziert und verarbeitet sie Milch, 2001 gründete sie gemeinsam mit anderen Produzentinnen den »Runden Tisch Milch«, um ihren Absatz zu steigern. Die Milchproduktion liegt hier ganz in Frauenhänden; 95 Prozent der burkinischen Milch wird von ihnen produziert.
Was Gariko Sorge bereitet, sind die von der Europäischen Union mit Verve vorangetriebenen so genannten Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPA) mit unterschiedlichen Regionen der Welt, so auch mit Westafrika inklusive Burkina Faso. »Wir sind nicht konkurrenzfähig: Eine afrikanische Kuh gibt drei bis fünf Liter Milch, eine EU-Kuh rund 35 Liter. Ernährung darf nicht mit dem Handel in einen Topf geworfen werden. Ernährung ist der Motor des Lebens, und Ernährung darf nicht dem Freihandel unterworfen werden, wo doch die Landwirtschaft in der EU geschützt ist und in Afrika eben nicht«, sagte sie gegenüber »nd«. »Während ich meinen handwerklich gefertigten Joghurt nicht in Europa verkaufen darf, dürfen europäische Milchunternehmen ihren Joghurt anstandslos in Burkina Faso verkaufen. Das ist nicht fair und deswegen werden wir es unseren Politikern nicht erlauben, die EPA zu unterzeichnen.«
Auf die burkinischen Politiker kann sich Gariko dabei nicht verlassen: Nur noch Niger, Mauretanien und vor allem das gewichtige Nigeria halten dem Druck der EU stand, die anderen 13 westafrikanischen Länder haben bereits nachgegeben, nicht zuletzt weil sie massiv von Entwicklungshilfe abhängig sind.
In Burkina Faso kommen zehn Millionen Kühe auf knapp 19 Millionen Einwohner. Seit Ende der Milchquote in Europa am 1. April 2015 kommt immer mehr Milchpulver auf den Weltmarkt und hierher. Burkina Faso importiert jährlich Milchpulver im Wert von etwa 130 Milliarden CFA-Franc, umgerechnet 198 Millionen Euro. Zudem haben allein in Burkina Faso Importe von angereichertem Milchpulver in den vergangenen fünf Jahren auf über 5000 Tonnen zugenommen.
Bei der Frage nach den Milchpulverimporten wird Korotoumou Gariko wütend: »Unsere Politik geht in eine falsche Richtung. Die Milch wird nur noch auf dem Weltmarkt gehandelt. Burkina Faso setzt damit seine eigene Ernährung aufs Spiel. Es sollte eine Politik geben, die den gesamten Milchsektor fördert, damit alle Milchproduzenten ihre Produktion erhöhen und einen guten Preis bekommen können. Das geht nicht, wenn billiges Milchpulver aus Europa Konkurrenz macht.«
Schon jetzt kostet das Pulver nur halb so viel wie lokale Milch. Verkauft werden die Milchpulvertütchen überall auf den Märkten und in Kiosken. Umgerechnet kostet aus Milchpulver und Pflanzenfett hergestellte Milch etwa 34 Cent, lokale Milch zwischen 76 Cents und 1,10 Euro. Für die 60-jährige Gariko ist deswegen klar: »Afrika darf die EPA nicht unterzeichnen. Die EU drängt schon genug auf den afrikanischen Markt.«