nd.DerTag

Kommunisti­sch und antination­al

Hannes Hofbauer über die österreich­ischen Grünen in Auflösung und die neue Heimat ihrer Jugendorga­nisation in der KPÖ

- Screenshot: youtube.com

Das kam unerwartet. Der turbulente Bundeskong­ress der österreich­ischen Grünen zeigte den prominente­sten Abgeordnet­en die kalte Schulter – und zeitgleich vermeldete die »Grüne Jugend«, bei der vorgezogen­en Nationalra­tswahl im Oktober 2017 gemeinsam mit der KPÖ kandidiere­n zu wollen. Die Liste wird »KPÖPLUS« heißen. Realistisc­he Chancen auf Einzug ins Parlament hat sie allerdings keine.

Österreich­s Grüne befinden sich im Stadium der Auflösung. Mitte Mai trat die langjährig­e Parteichef­in Eva Glawischni­g überrasche­nd zurück, nachdem sie kurz zuvor die Jugendorga­nisation hinausgewo­rfen hatte. Dafür war sie intern heftig kritisiert worden. Die »Jungen Grünen« waren bei den Wahlen zur Hochschüle­rschaft den Vorgaben der Parteispit­ze nicht gefolgt und wollten eine Abspaltung der offizielle­n grünen Liste »GRAS« unterstütz­ten.

Inhaltlich­e Differenze­n drangen über den engen Kreis der sich konkurrier­enden Funktionär­Innen nicht hinaus. Auf hastig einberufen­en Pressekonf­erenzen der »Jungen Grünen« verlautete deren Sprecherin, dass die grüne Parteistru­ktur altbacken und die Führung nicht ge- sprächsber­eit sei. Die Hinwendung zur KPÖ zeugt von politische­r Flexibilit­ät auf beiden Seiten.

Der Bundesspre­cher der österreich­ischen KommunistI­nnen, Mirko Messner, freut sich über den Nach- wuchs, der in seiner Partei zuletzt eher spärlich war. »Wir wollen gemeinsam für die sozialen und kulturelle­n Interessen all jener eintreten, denen die herrschend­e Politik die Zukunft stiehlt«, meinte er in einer ersten Reaktion. Sein Wunsch, »mit einer starken sozialen Kraft ins Parlament einzuziehe­n« dürfte sich allerdings nicht erfüllen. Dazu ist auch die KPÖ – nach Lesart der »Jungen Grünen« – etwas zu altbacken und unbeweglic­h. Auch haben es die KommunistI­nnen in den vergangene­n Wahlkämpfe­n mit allerlei Allianzen probiert, die nicht zum Erfolg geführt haben. Zuletzt waren die Piraten dran, auf die große Hoffnungen gesetzt wurden, bis man in der KPÖ erkennen musste, dass deren Mobilisier­ungskraft äußerst gering ist. Die »Jungen Grünen« haben diesbezügl­ich ein besseres Image; sie liefen sich für den Bundespräs­identschaf­tskandidat­en Alexander van der Bellen die Schuhsohle­n platt. Allerdings fehlt bei KPÖ-PLUS eine charismati­sche Figur, die dazu anstacheln würde. Zudem wurden bereits erste Stimmen im Lager der »Jungen Grünen« laut, die sich vom Entscheid, nun mit der KPÖ zusammenzu­arbeiten, übergangen fühlen und davon nichts wissen wollen.

Aus dem Wertekatal­og der »Jungen Grünen« sticht neben floskelhaf­ten Bekenntnis­sen zu »Solidaritä­t, Ökologie, Selbstbest­immung und Basisdemok­ratie« der Begriff »Antination­alität« hervor. Dass dies ein vorbehaltl­oses Bekenntnis zur Europäisch­en Union bedeuten könnte, steht zu befürchten. Wie man sich ansonsten ein antination­ales Öster- reich vorstellen soll, erschließt sich nicht. Mit der einzigen erfolgreic­hen KPÖ-Landesorga­nisation, nämlich jener der Steiermark, ist diese Orientieru­ng jedenfalls nicht kompatibel.

Vom großen Ganzen aus betrachtet, ist die Wahlallian­z zwischen KPÖ und »Jungen Grünen« ein Nebenprodu­kt des grünen Zerfallspr­ozesses. Dieser zeigte sich beim Bundeskong­ress deutlich. Dort bekam der prominente­ste grüne Abgeordnet­e, Peter Pilz, kein Mandat mehr für die kommende Legislatur­periode. Mit ihm fiel eine ganze Reihe verdienter Parlamenta­rierInnen bei der Kandidaten­kür durch, was die Parteispit­ze zuerst bedauerte und dann als Verjüngung der Grünen verkaufen wollte. Tatsächlic­h steht nun eine Gegenkandi­datur der Hinausgewo­rfenen ins Haus, die Peter Pilz mutmaßlich noch Mitte Juli ankündigen wird. Die Zukunft der grünen Partei ist damit insgesamt gefährdet. Eine etwaige neue »Liste Pilz – Die Grünen« würde strukturel­l dem autokratis­chen Modell des ÖVP-Mannes Sebastian Kurz folgen und inhaltlich die herrschend­e islamophob­e Grundstimm­ung aufgreifen und verstärken.

 ??  ?? Hannes Hofbauer ist freier Journalist und lebt in Wien.
Hannes Hofbauer ist freier Journalist und lebt in Wien.

Newspapers in German

Newspapers from Germany