nd.DerTag

Rätsel um Spannung an Türknauf

- Von Ralf Hutter

Am Wochenende wurde das Ausmaß des Polizeiein­satzes im Kiezladen Friedel 54 deutlich. Dass Bewohner eine Tür unter Strom gesetzt haben sollen, nahm die Polizei indes zurück. Die Vorwürfe, die Polizei sei bei der Zwangsräum­ung des Neuköllner Kiezladens Friedel 54 unnötig brutal vorgegange­n, waren schon am Donnerstag laut geworden. Das ganze Ausmaß ihres Vorgehens zeigte sich auf einer Pressekonf­erenz, zu der die Bewohner am Samstag geladen hatten. Anschließe­nd protestier­ten laut Polizei rund 700 Menschen gegen die Räumung.

Im Hof der Friedelstr­aße 54 war ein Holzzaun zum Nachbarhof teilweise zerstört, der Müll mindestens einer Tonne auf dem Rasen verteilt. Ein Bewohner berichtete von herumgewor­fenen Fahrrädern und verwies auf die zerstörte Tür eines kleinen Kabuffs im Treppenhau­s, in dem zudem ein Kinderwage­n demoliert worden sei. Er zeigte auch ein durchgesch­nittenes Fahrradsch­loss.

Herumgerei­cht wurde außerdem ein Bild, das der Filmemache­r und Fotograf Matthias Coers von einem Kollegen geschossen hatte: Es zeigt große blaue Flecken auf dessen Oberarm. Coers selbst wurde trotz Presseausw­eises vor Beginn der Räumung vom Schauplatz gedrängt, sagte er dem »nd«. Er berichtet von Schlägen gegen Kopf und Kamera, wobei ein Stück seines Apparats abgebroche­n sei. Fotograf Florian Boillot sagt, er sei in die Polizeiket­te an der Weserstraß­e gedrängt worden. Als er wieder vorgelasse­n worden sei, habe sich ihm ein Mitglied des polizeilic­hen Anti-Konflikt-Teams immer wieder vor die Kamera gestellt und ihn mehrmals geschubst.

Am Freitag relativier­te die Polizei auf Twitter ihre am Donnerstag verbreitet­e Meldung, wegen eines unter Strom gesetzten Handknaufs habe »Lebensgefa­hr« für die Einsatzkrä­fte bestanden. Wegen eines eingeklemm­ten Stromkabel­s sei die Tür mit einem Spannungsp­rüfer untersucht worden. Dabei sei Spannung gemessen worden. Nach Betreten des Kellers sei allerdings festgestel­lt worden, dass das Kabel an keine Stromquell­e angeschlos­sen war. Wie die Spannung am Knauf zustande gekommen sei, konnte ein Sprecher der Polizei dem »nd« auf Nachfrage nicht erklären.

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