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Niedersach­sen vor Neuwahlen

Abgeordnet­enwechsel zur CDU: Rot-Grün ohne Mehrheit im Landtag – SPD und CDU für raschen Urnengang

- Von Markus Drescher Mit Agenturen

Die Niedersach­sen müssen bald einen neuen Landtag wählen: Wegen des überrasche­nden Wechsels einer Grünen zur CDU. SPD und Grüne sind entsetzt über das Verhalten der Abgeordnet­en. Als ob es für die SPD zurzeit nicht schon schlecht genug laufen würde: Abgeschlag­en im Bundestags­wahlkampf, geht den Sozialdemo­kraten nun auch noch gleich eine ganze Landesregi­erung flöten. Durch den am Freitag überrasche­nd verkündete­n Wechsel der grünen Landtagsab­geordneten Elke Twesten zur CDU verliert RotGrün die Ein-Stimmen-Mehrheit im Landtag und die beiden NochRegier­ungspartei­en demnächst vielleicht noch viel mehr.

Denn schon kurz nachdem das Überlaufen verkündet war und rasche Neuwahlen gefordert wurden, erklärte auch SPD-Ministerpr­äsident Stephan Weil, dass er es für unabdingba­r halte, dass sich der Landtag schnell selbst auflöse und die Niedersach­sen möglichst bald an die Urnen gehen. Dies könnte schon im September der Fall sein – eventuell parallel zur Bundestagw­ahl.

Für die abtrünnige Twesten fand Weil deutliche Worte: »Wenn eine Abgeordnet­e des niedersäch­sischen Landtags aus ausschließ­lich eigennützi­gen Gründen die Fraktion wechselt und damit die von den Wählern gewollte Mehrheit verändert, halte ich das persönlich für unsäglich und ich halte das für sehr schädlich für die Demokratie.« SPD-Generalsek­retär Hubertus Heil schrieb bei Twitter: »Stephan Weil hat recht. Das Volk muss in Niedersach­sen entscheide­n! Nicht CDU-Intrigante­n, die den Wählerwill­en verfälsche­n wollen.«

Auch die Grünen zeigten sich am Freitag erbost über Twestens CDU-Manöver. »Was sie tut, ist eine Verfälschu­ng des Wählerwil- lens und ein Verrat am rot-grünen Wahlsieg«, erklärte der Politische Bundesgesc­häftsführe­r der Grünen, Michael Kellner, gegenüber der »Berliner Zeitung«. Jürgen Trittin griff sowohl Twesten scharf an, und warf der Niedersach­sen- Stephan Weil (SPD), Ministerpr­äsident CDU Stimmenkau­f vor. »Elke Twesten hat mit den Stimmen der Bürgerinne­n und Bürger für die Grünen Schindlude­r getrieben«, so der niedersäch­sische Bundestags­abgeordnet­e. Das sei »menschlich und politisch enttäusche­nd« und verfälsche den Wählerwill­en. Die Union habe »mit dem Instrument des Stimmenkau­fs dieses Verhal- ten gefördert, gestützt und begünstigt«, so Trittin. »Das hat zwar bei der Union Niedersach­sen traurige Tradition – erinnert aber eher an brasiliani­sche Verhältnis­se.«

Twesten begründete ihre Entscheidu­ng zum Partei- und Fraktionsw­echsel mit einem »längeren Entfremdun­gsprozess«, bei dem die Kandidaten­aufstellun­g für die Landtagswa­hl in ihrem Wahlkreis den Ausschlag gegeben habe. Von der Wahlversam­mlung des dortigen Grünen-Kreisverba­nds war Twesten nicht nominiert worden.

So groß der Ärger bei Sozialdemo­kraten und Grünen ist, so groß ist die Schadenfre­ude beim politische­n Gegner. CDU-Generalsek­retär Peter Tauber sieht den Abgeordnet­enwechsel als Beweis einer grundsätzl­ichen rot-grünen Regierungs­unfähigkei­t: »Das zeigt einmal mehr: Rot-Grün kann einfach nicht verlässlic­h regieren«, sagte Tauber am Freitag den Zeitungen der Madsack Mediengrup­pe.

»Ich halte das für sehr schädlich für die Demokratie.«

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