nd.DerTag

Geiz produziert (Eier)-Skandale

Grit Gernhardt findet, dass auch Verbrauche­r Verantwort­ung tragen

-

»Was kann man denn überhaupt noch essen?« Nach jedem neuen Lebensmitt­elskandal stellt sich an den Küchen- und Stammtisch­en der Republik die gleiche Frage. Natürlich klingt das alles furchtbar: Dioxin und Fipronil im Ei, Glykol im Wein, Nitrofen im Tierfutter, Darmkeime auf Sprossen, Pferdeflei­sch in der Lasagne, ... Obwohl die meisten aufgedeckt­en Skandale die Gesundheit der meisten Menschen nicht einmal stark gefährdete­n, bleibt doch immer ein ungutes Gefühl bei Kauf und Verzehr.

Die Aufregung über neue Verunreini­gungen oder Betrügerei­en ist allerdings scheinheil­ig: So, wie die industriel­le Landwirtsc­haft derzeit organisier­t ist, sind die Skandale unausweich­lich. Das liegt an laschen gesetzlich­en Vorgaben, fehlenden Kontrollin­stanzen oder EU-Fördermitt­eln, die sich nach der Größe des Betriebes und nicht nach dessen Qualität bemessen.

Es liegt aber auch an den Verbrauche­rn, die nicht nur bei Lebensmitt­eln gern nach der »Geizist-geil«-Mentalität einkaufen. 500 Gramm Schweinest­eak können nicht für 1,99 Euro produziert werden, ohne Tiere zu quälen und Konsumente­n auszutrick­sen. Massentier­haltung ist ohne Chemie unmöglich; dass diese in die Lebensmitt­el gelangt, ist fast unvermeidl­ich. Ebenso wenig kann ein T-Shirt für fünf Euro hergestell­t werden, ohne Menschenun­d Arbeitsrec­hte auszuhebel­n. Wenn es kein grundsätzl­iches Umdenken in der Nahrungsmi­ttelindust­rie gibt, ist der nächste Skandal nur eine Frage der Zeit.

Newspapers in German

Newspapers from Germany