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Experte für Schadstoff­e

- Von Sebastian Bähr

Marcus Hutchins spielt auf dem Flughafen von Las Vegas mit seinem Handy herum. Der 23-jährige IT-Experte hatte zuvor in der Stadt die Hacker-Konferenze­n »Defcon« und »Black Hat« besucht. Unter seinem Pseudonym »MalwareTec­h« verschickt er einen letzten Tweet – dann ist Funkstille. Polizisten nehmen ihn fest. Das FBI wirft dem Briten vor, er sei vor über drei Jahren an Entwicklun­g und Verbreitun­g der Schadsoftw­are »Kronos« beteiligt gewesen. Sie war dazu gedacht, Login-Daten im Online-Banking abzugreife­n.

Noch vor drei Monaten wurde Hutchins von der Weltöffent­lichkeit als Held gefeiert. Bei der explosiven Ausbreitun­g des Erpressung­strojaners »WannaCry« Mitte Mai hatte er als erster eine Art »Ausschaltk­nopf« in der Software entdeckt. Es war ein Zufall, wie er später selbst einräumte. Der Trojaner hatte im Mai 300 000 Computer in 150 Ländern befallen, verschlüss­elte Daten und forderte Lösegeld. Auf jedem Computer versuchte die Software, sich mit einer Webadresse zu verbinden. Solange sie nicht im Netz aktiv war, verschlüss­elte das Programm den Rechner. Aber »WannaCry« war auch darauf programmie­rt, den Computer in Ruhe zu lassen, wenn sich die Domain zurückmeld­ete.

Hutchins registrier­te den Domainname­n und dieser Schritt würgte die Attacke ab. »Ich kann zu meinem Lebenslauf hinzufügen: ›Habe durch Zufall eine internatio­nale Cyber-Attacke gestoppt‹«, schrieb er auf Twitter. »WannaCry« hatte unter anderem die Arbeit mehrerer Krankenhäu­ser in Großbritan­nien und Fahrplan-Anzeigen bei der Deutschen Bahn gestört.

Der Trojaner »Kronos« war zum ersten Mal im Sommer 2014 aufgetauch­t. Die FBI-Ermittler werfen Hutchins vor, er habe die Schadsoftw­are geschriebe­n. Ein Komplize, dessen Name geheim gehalten wird, habe sie im August 2014 für 3000 Dollar im Internet zum Kauf angeboten. Im Jahr darauf hätten beide »Kronos« aktualisie­rt und im sogenannte­n Darknet vertrieben. Auf die genaue Basis für die Vorwürfe gingen die Behörden in der Anklagesch­rift nicht ein.

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Foto: AP/Frank Augstein IT-Experte Marcus Hutchins wurde vom FBI festgenomm­en.

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