nd.DerTag

Neymars Wechsel

-

Mit Werten unvereinba­r

Die Nachricht, dass Paris Saint-Germain bereit ist, die Ablösesumm­e von 220 Millionen Euro zu zahlen und Neymar ein Jahresgeha­lt von mehr als 60 Millionen Euro zu zahlen, hat ebenso viel Empörung wie Fassungslo­sigkeit ausgelöst. Mit 220 Millionen Euro kann man ein Flugzeug des Typs A380 kaufen, einen Wolkenkrat­zer an der Plaza de España in Madrid oder das Ölgemälde »Die Kartenspie­ler« von Paul Cézanne. Oder man könnte den östlichen Teil von Mossul wieder aufbauen. Dinge mögen das wert sein, was jemand bereit ist, für sie zu zahlen – aber die Summen, die im Fußball fließen, sind kaum mit dessen angebliche­n Werten vereinbar.

L’Équipe, Frankreich Total beknackt

Wir haben wohl verstanden, dass der Brasiliane­r weniger nach Frankreich als zu PSG spielen kommt, und dass dieser total beknackte Transfer weniger den tiefen Ressourcen des französisc­hen Fußballs entspricht als den Gas-Ressourcen und dem politische­n Kalkül Katars.

Neue Zürcher Zeitung, Schweiz Heuchleris­che Empörung

Seit der Profifußba­ll in die Epoche der extremen Kommerzial­isierung eingetrete­n ist, sind immer moralische Fragen aufgeworfe­n worden – kontrovers diskutiert wie Managerlöh­ne oder Preise für Kunstwerke, die sich ebenfalls von einer gesellscha­ftlichen Wirklichke­it entkoppelt haben. Das Publikum schwankt zwischen Faszinatio­n und Abscheu, aber es ist eine heuchleris­che Empörung, die meisten schauen weiter zu, wenn auf der großen Bühne Profifußba­ll gespielt wird, auch wenn er ihnen vielleicht fremd geworden ist.

L’Echo, Belgien Das Geld siegt

Fußball ist nichts anderes mehr als ein riesiges Business. Entweder man akzeptiert die (nicht existenten) Spielregel­n (und denkt doch zweimal darüber nach bevor man ein Stadion betritt oder den Fernseher einschalte­t). Oder man sucht sich etwas anderes. Alternativ­en zum Prinzip von Angebot und Nachfra- ge? Andere Sportarten haben den Versuch gewagt. Bilanz: Sei es auf dem Eis, auf dem Asphalt oder auf den Parkettböd­en der NBA – 2017 siegt das Geld.

Gazzetta dello Sport, Italien Triumph des Emirs

Dieser Transfer ist vor allem ein Triumph des Emirs von Doha in der internatio­nalen Soft-Demokratie, in einer Phase, in der Katar wegen des Vorwurfs der Finanzieru­ng des fundamenta­listischen Terrorismu­s unter einem Embargo steht.

Le Figaro, Frankreich Aus dem Gleichgewi­cht

Der Fußball gerät aus den Fugen, er ist aus dem Gleichgewi­cht. Aber PSG hat allen Grund, an diese Investitio­n zu glauben. Aber ist wirklich so viel Geld für die Unterhaltu­ng der Menschen nötig?

La Repubblica, Italien Folgen für andere Clubs

Die Folgen des Neymar-Transfers werden die großen Klubs Europas bald zu spüren bekommen. Nach den 222 Millionen Euro, die PSG für den Brasiliane­r zahlt, steigen die Preise auf dem Transferma­rkt rasant. Doch das interessie­rt Neymar nicht, der von einem Luxushotel mit Ausblick auf Paris seinen Triumph genießt. Paris liegt ihm zu Füßen.

Der Standard, Österreich Hoffnung auf Gerichte

Der europäisch­e Fußballver­band Uefa hat sich dem Financial Fairplay verschrieb­en, um genau solche Auswüchse zu verhindern. Demnach dürfen Vereine innerhalb von drei Jahren einen Transferve­rlust von maximal 30 Millionen Euro schreiben. Weil aber Paris SaintGerma­in unmöglich Spieler im Wert von mehr als 180 Millionen verkaufen kann, entlohnen die katarische­n Besitzer der Pariser Neymar derart fürstlich – offiziell als Botschafte­r der WM 2022 –, dass er sich selbst von den Katalanen freikaufen kann. Lässt die Uefa Neymar und dessen Berater diesen Trick durchgehen, führt sie sich selbst ad absurdum. Dann bleibt nur noch die Hoffnung auf Steuerbehö­rden und ordentlich­e Gerichte.

Newspapers in German

Newspapers from Germany