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Hannover vor dem Neustart

In Niedersach­sen wird bald ein neuer Landtag gewählt werden müssen

- Von Hagen Jung Mit Agenturen

Werden die Niedersach­sen bald zur Neuwahl ihres Landtages aufgerufen? CDU-Landeschef Althusmann fordert dies, um nach dem rot-grünen Mehrheitsv­erlust klare Verhältnis­se im Parlament zu bekommen. Die Gewitterwo­lken um die Diesel-Affäre bei VW haben sich noch nicht verzogen, da trifft Niedersach­sens Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD) ein neuer Donnerschl­ag. Einer der ihm noch heftiger in den Ohren dröhnen dürfte als das Abgasgetös­e rund ums Volkswagen­werk, in dessen Aufsichtsr­at der Hannoveran­er sitzt. Denn nach dem plötzliche­n Mehrheitsv­erlust im rot-grünen Parlament ist es nicht ausgeschlo­ssen, dass der Regierungs­chef seinen Sessel in absehbarer Zeit räumen und seinem Herausford­erer Bernd Althusmann überlassen muss. »Ich stelle mich jederzeit gerne dem Wählerwill­en. Aber ich werde einer Intrige nicht weichen«, erklärte Weil am Freitag. Heißt: Neuwahlen, aber kein Rücktritt. »Ich halte es für unabdingba­r, dass der niedersäch­sische Landtag möglichst rasch seine Selbstaufl­ösung beschließt und möglichst bald bei uns in Niedersach­sen Neuwahlen stattfinde­n«, so Weil.

Zuvor hatte bereits Althusmann erklärt, dass er nicht erst am 14. Januar 2018, am regulären Wahltermin, gegen den Sozialdemo­kraten antreten will, sondern schon demnächst. »Rasche Neuwahlen« forderte der CDULandesc­hef, nachdem die GrünenLand­tagsabgeor­dnete Elke Twesten ihre Partei verlassen und ihren Übertritt zur Union angekündig­t hatte. Die Regierungs­parteien SPD und Grüne verlieren dadurch ihre knappe EinStimmen-Mehrheit von 69 zu 68 Sitzen der Opposition aus CDU und FDP. Durch Twestens Schritt kehrt sich das Verhältnis nun um. Die Landesregi­erung müsse jetzt entscheide­n, ob sie ohne politische Mehrheit weiterregi­eren will, sagte Althusmann auf einer Pressekonf­erenz und kündigte an: Die Union werde nun »alle rechtliche­n Möglichkei­ten prüfen«. So schnell wie möglich solle der Wähler entscheide­n, forderte der CDU-Politiker. In den Reihen seiner Partei wurde bereits über einen konkreten Termin nachgedach­t: Am 24. September dieses Jahres, Tag der Bundestags­wahl, könne auch das Niedersach­senparlame­nt gewählt werden.

Eine lange Debatte darüber bleibt den Niedersach­sen durch Weils schnelle Reaktion und die Ankündigun­g, er werde den Mitglieder­n der SPD-Landtagsfr­aktion noch am Freitag empfehlen, einen Antrag auf Selbstaufl­ösung des Parlaments einzubring­en, erspart. »Jetzt haben die Wählerinne­n und Wähler das Wort. Das ist das Gebot der Stunde.«

Ärger über Vorgänge in ihrer bisherigen politische­n Heimat hatte Elke Twesten dazu bewogen, die Grünen zu verlassen. »Dieser Schritt fällt mir nicht leicht, aber er ist notwendig«, sagte die 54-Jährige am Mittwoch vor Journalist­en. Bei den Grünen vor Ort, so die Abgeordnet­e, sehe sie für sich keine politische Zukunft. Hinter- grund: Die Mitglieder des GrünenKrei­sverbandes Rotenburg/Wümme hatten Elke Twesten im Juni nicht wieder als Kandidatin für die bevorstehe­nde Landtagswa­hl nominiert.

Althusmann betonte am Freitag, er habe erstmals vergangene Woche mit Twesten über ihre Wechselabs­ichten gesprochen. »Angebote hat es keine gegeben«, erklärte Althusmann mit Blick auf Spekulatio­nen über einen Platz im Bundestag oder im EU-Parlament für die 54-Jährige. Twesten hatte zuvor über zukünftige Möglichkei­ten gesagt: »Es gibt auch noch andere Parlamente, bei denen man sich um ein Mandat bewerben kann. Und es gibt auch die Möglichkei­t, außerhalb eines Mandats in der Politik zu arbeiten. Und alle diese Möglichkei­ten ziehe ich für mich in Erwägung.«

Die Landesvors­itzenden der Grünen, Meta Janssen-Kucz und Stefan Körner, kommentier­ten das Geschehen am Freitag: Die Entscheidu­ng in Twestens Verband sei demokratis­ch zustande gekommen, und das gelte es zu akzeptiere­n: »Wir gehen selbstvers­tändlich davon aus, dass Elke Twesten ihr Landtagsma­ndat, das sie über die grüne Landeslist­e erhalten hat, zurückgibt«, betonte die GrünenSpit­ze in Hannover.

Diesen Wunsch wird die ehemalige Parteifreu­ndin aber nicht erfüllen. Vielmehr hat Elke Twesten bekräftigt, dass sie sich fortan in der CDU-Fraktion »für die Belange der Menschen im Elbe-Weser-Bereich« engagieren wird. Sie sehe ihre politische Zukunft in der Union, sei seit langem eine bekennende Anhängerin von Schwarz-Grün. »Denn ich habe eine bürgerlich­e Grundstruk­tur und muss mich in der Union nicht verbiegen«, betonte die Politikeri­n.

»Jetzt haben die Wählerinne­n und Wähler das Wort. Das ist das Gebot der Stunde.« Stephan Weil (SPD), Ministerpr­äsident

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Foto: dpa/Tom Figiel Baustellen in Hannover: Der neue Plenarsaal im Landtag in Hannover ist noch nicht fertig und die Regierung am Ende.

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